10/3003.
An Christian Gottlob Voigt
Endlich kann ich doch ein Wort aus Maynz sagen. Man ist so zerstört und zerstreut von den Scenen dieser letzten Tage daß man vor einer Menge Ideen kaum einige zusammenbringt. Es sey uns indessen genug daß wir die Franzoßen los sind eben zu einer Zeit wo die Gefahr bey Zweybrücken sich erneuerte und so früh daß noch in diesem Feldzuge manches geschehen kann. Von den Clubbisten sind einige entkommen, die meisten vom Volcke selbst angehalten worden. Es waren noch bey 18000 streitbare Männer in Maynz. Das Elend das die Bürger ausgestanden ist unbeschreiblich. Doch hat an Gebäuden die Stadt nicht soviel gelitten als man glaubte. Jederman behauptet die Franzosen und Clubbisten hätten Pulver und andre brennbare Materialien in die Kirchen und adeliche Häuser gelegt deßwegen sie auch so bald nur eine Bombe hineingekommen an allen Enden gebrannt,[98] dahingegen die Bürger durch fleißiges Löschen ihre Häuser erhalten können. Mehr mag ich nicht sagen, die Zeitungen und Journale werden uns schon alles nach und nach bringen. Es ist über viele Dinge nur Eine Stimme.
Auf das kleine Nachbars Hauß thue ich Verzicht. Ich dancke für die Bemühung. Ich wünsche daß Ihre Cur recht gute Wirckung thue. Für die litterarischen Nachrichten dancke ich sehr. Mit der Kantischen Lehre wird es gehn wie mit Modefabrickwaaren, die ersten werden am theuersten bezahlt, nachher macht man sie überall nach und sie sind leichter zu kaufen. Sollte Reinhold nicht bleiben so wird sich Rath finden. Auf Magister Fichte haben Sie ja ein Auge. An Schmidt haben wir einen trefflichen Mann.
Leben Sie recht wohl. Mein Wunsch Sie wiederzusehen ist sehr lebhaft. Empfehlen Sie mich den Ihrigen. Die Herrn Berliner Gemercken verdienen daß wir sie auf dem Gemerckentage dereinst recht gut tracktiren.
Maynz d. 27. Jul. 93.
G.