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An Johann Valentin Adrian

[Concept.]

Ihr kleines Heft, mein Werthester, führte mir am ruhigen Winterabende die griechischen Priesterinnen, wie ich sie wohl gerne sehen mochte, anständig vorüber.

Manches kannt ich, manches erfuhr ich und gewahrte beides in mäßiger freundlicher Darstellung. Ich erkundigte mich nach Ihnen, weil es mir wünschenswerth schien, in dieser verworrenen Zeit einen wohl unterrichteten, sinnigen, ruhig und bedächtig vorschreitenden jungen Mann näher zu kennen, für den mich besonders der Umstand einnahm, daß ich weder mystisches Pfaffenwesen noch Etymologie noch Lüsternheit bemerken konnte.

Da Sie sich nun glücklicherweise mir selbst nähern und überdieß ein geschätzter und geprüfter Mann Sie einführt, so freue ich mich gar sehr der neuen Aussicht auf einen jungen Freund, mit dem ich harmonirend wirken könnte, wonach ich jeden Tag trachten[303] muß und kaum zu hoffen wagte. Sagen Sie mir daher von Ihrem Thun, von Ihren Aussichten das Hinreichende, damit ich das Weitere bedenke und mich dar über ausspreche. Mehr sag ich nicht, damit die Einleitung nicht vorschreite dem Wünschenswerthen.

Weimar den 3. Februar 1823.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Valentin Adrian. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8410-1