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An August von Goethe
Auszug aus dem Tagebuche.

Donnerstag den 25. July.

Um 5 Uhr aufgestanden. Reinecke Fuchs revidirt, das erste Buch. Gebadet. Schema zum Rochusfest. Zu Kreisamtmann Just. Mit Dr. Schmidt an den Brunnen. Gesellschaft daselbst. Hauptmann von Krug. Von Lauchstedt bekannt. Leidend an den Folgen unseliger Feldzüge. Gewitter, gewaltsamer [124] Platzregen. Mittag für mich. Am Schema dictirt. Mit Carl das Thal aufwärts. Mühle, durch heftig quellende Quellen auf der Stelle getrieben. Mühlsteine von Grawinkel auch hier gebraucht. Müllerin, wegen alter Erinnerungen freundlich behandelt. Um die Stadt an der einen Seite. Spät das Schema zum Rochus corrigirt.


Freitag den 26. July.

Um 5 Uhr aufgestanden, an St. Rochus corrigirt. Gebadet. St. Rochus weiter. Schwefelwasser getrunken. Fortgearbeitet. Geschlafen. Für mich gegessen. Fortgearbeitet. Carl schrieb ab. Unterhaltung mit Dr. Schmidt. Lateinisches Gedicht von Camerarius auf die Wasser von Plombieres, sehr schön und erfreulich. Hauptmann von Krug brachte mir eine poetische Arbeit, die er, schwer blessirt, in Rußland gefangen, im schlimmsten Zustande begonnen hatte. Ein schon vorhandenes spanisches Rittergedicht, in guten Octaven nachgebildet. Es fehlte mir nicht an Zeitungen, Hallischen Litterarischen, Gothaischen, Leipzigern, Frankfurtern.


Sonnabend den 27. July.

Früh aufgestanden und gebadet. St. Rochus gefördert. Zum Brunnen mit Dr. Schmidt. Einige Bekanntschaften gemacht. Ging mit ihnen durch die Linden-Allee in den Gesellschaftsgarten. Alles ist so löblich und läslich daß nichts als gutes Wetter [125] fehlt. Als ich nach Versteinerungen fragte ward mir ein versteinerter Kindes-Fuß angekündiget.

Ich hoffte irgend eine Krokodilspfote, obgleich nicht wahrscheinlich in unsern Flötzkalksteinen. Man brachte mir das Exemplar. Es ist würklich ein wundersames Naturspiel, aber anorganisch. Das Nähere ist aufzuzeichnen. Mittag allein. St. Rochus gefördert. Bey den freundlichen Wirthsleuten. Für mich, wie immer nachdenklich.


Sonntag den 28. July.

Um 6 Uhr aufgestanden. An die Quelle. Mit Baron v. Oldershausen, Gespräch, der mich wegen meiner Rückreise beruhigte, versprechend mich um den gefährlichen Damm herumzugeleiten. Versuch die untere Vorstadt zu durchwandern. Durch den Koth gehindert. Zurück. Gebadet. Besuch von Hofrath Brand. Nachricht von einem Concert welches der vorzügliche Hautboist Hermstedt, Musikdirector in Sondershausen, nächsten Dienstag, als den 30. hier geben wird. Wahrscheinlich kommt der Herzog von Gotha von Gräfentonna herüber. Mit Dr. Schmidt auf den Thurm. Begriff von der Lage der Stadt. Nichts fehlt als gutes Wetter um höchst angenehm hier zu leben.


Montag den 29. July.

Um 6 Uhr aufgestanden, es hatte die ganze Nacht geregnet und fuhr so fort. Zu Hause das [126] Wasser getrunken. Gebadet. St. Rochus Abschrift gefördert. Herr Dr. Schmidt. Über manche Verhältnisse, der früheren Lage. Hauptmann von Krug communizirte mir v. Fouquee Gedichte. Mittag allein. St. Rochus Abschrift vollendet. Mit Carl um die Stadt, entsetzlicher Koth, schöne An- und Aussicht. Im Osten immer der Ettersberg und in der Nähe manches Interesse.


Dienstag den 30. July.

Und so wollen wir heute diese Depesche schließen, weil Mittwoch früh Herr von Böhme nach Weimar abgeht und glücklich für ihn zu Pferde. Doch auch so mag er sich wahren. Aus Beyliegendem siehest du, daß wir uns wohl gehalten haben. St. Rochus im ersten und sodann mundirten Concept macht ein beschriebenes halbes Buch Papier. Das wäre freylich nicht bey schönem Wetter zu Stande gekommen.

Von fünf Bädern läßt sich nichts sagen, das schlechte Wetter hindert am regelmäßigen Trinken; aber ich habe gute Kennzeichen, daß die Quelle mir heilsam seyn wird. Laß dir Böhmen den eigentlichen Zustand erzählen, für mich würde bey gutem Wetter nichts zu wünschen übrig lassen.

Mögen acht Tage vorbey gehen! Dann melde ich das Nähere: denn wer will in den ersten Tagen ausreichend über neue Zustände sprechen.

Laß an die Frau v. Stein, an Herrn Geheimenrath[127] und Staats-Minister v. Voigt was Schickliches gelangen. Herrn Hofmedicus Rehbein und Herrn Regierungs-Rath Schmidt sage das Beste.

Findet sich Zeit so sage ich noch ein Wort vom Concerte.

Um vier Uhr als ich ins Concert gehen wollte traf Hofr. Meyer glücklich ein. Da er hier ist sey er willkommen gerathen hätt ich's nicht.

Carl macht seine Sachen Exellent, und nun, als Diener zweyer Herren, wird es erst recht glänzen.

Das Bad bekommt mir wohl das Wetter hindert an allem Guten.

Den Treppen Riss überleg ich. Grüsse Kräuter und befinde dich wohl.

Tennstedt d. 30. Jul. 1816.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-84BD-1