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An Johann Jacob von Willemer

Das Christkindchen hat dieses Jahr, man muß es gestehen, sich sehr liebenswürdig erwiesen, doch kann es eine gewisse Tücke nicht lassen, denn ob es gleich herkömmlich ist, daß man des Papsts Pantoffel küsse, weil ein Kreuz drauf, wohl auch daß man die Füße der Geliebtesten liebkose, um anzudeuten, daß man sich dem Willen ganz hingiebt, der sich uns ergeben hat; so ist es doch unerhört, daß man eine würdige Person durch magische Zeichen nöthige die Hülle seines eigenen Fußes zu verehren, wozu moralisch und so physisch gar wunderbare Gebärden nöthig wären.

Mit allem dem aber sind Geschenkte der Götter, wenn sie auch, wie immer, etwas Problematisches mit sich führen, alles Dankes und aller Freude werth, wie denn ja durch das begleitende Süße alles etwa Bedenkliche aufgehoben wird.

Die hinzugefügten kleinen eingewickelten Gestalten bringen in die Einsiedler-Hütte eine wundersame Bewegung. Diese kleine Figuren thun manchmal die Wirkung Congrevscher Raketen und ich fürchte sehr die Zeitungen werden ehstens von entzündeten Burgen einige Nachricht geben.

Ähnliche magische Wirkung läßt sich denn auch bey dem Anblick des so unschuldig scheinenden Landsitzes spüren, denn das Blättchen hat völlig die Art [296] der Klapperschlange, man sieht es immer lieber an, je gefährlicher es anzieht.

Hieraus ist denn abermals deutlich, daß nichts schön, gut und erfreulich seyn kann, ohne gewissermaßen bedenklich zu seyn, wir aber wollen die Nutzanwendung daraus ziehen, daß der Gedanke, er mag denken oder bedenken, dem Genuß so sehr zu Statten kommt, den er nicht stört, als der Genuß dem Gedanken, wenn er ihn auch auf kurze Zeit stören sollte.

Und um nicht ganz amphigurisch zu schließen, setze ich Folgendes hinzu. Um das Porträtiren mag es freylich eine bedenkliche Sache seyn, da es sogar dem heiligen Lucas nicht gelungen seyn soll. Ob man der Bemühung eines orientalischen Wortschilderers ein besseres Zeugniß geben wird, steht zu erwarten. Hievon zunächst einige Proben. Heute nur den herzlichsten Danck!

Freude und Liebe ins neue Jahr hinüber.

W. d. 31. December 1816.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Johann Jacob von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-84CB-1