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An Kaspar von Sternberg
Eger d. 10. S. 1823.
Den theuren spätgefundenen hochverehrten Freund erst so fern dann so nah zu wissen gab dem diesjährigen Aufenthalt in Böhmen eine eigne trübe Stimmung, wenn schon die Gesellschaft der obern Terasse zu Marienbad, durch des Grosherzogs Gegenwart belebt, kaum eine Pause der Lustigkeit zu machen wußte. Indessen darf ich mich nicht beklagen da ich durchaus gut und liebevoll behandelt wurde.
Nun aber darf ich, zum Abschieds Grus, beykommende Hefte freundlicher Aufmerksamkeit empfehlen, sie enthalten das geistige Verhältnis zu meinen Freunden; was man vielen schreiben möchte wird durch den Druck auf einmal geleistet und jeder nimmt als dann günstig das Seinige.
Freude, Friede, Neigung
den Wohlgesinnten
für ewig
G.
[218] Zu dem pyrotypischen Cammerberg noch zweyer anderen ähnlichen Erscheinungen in Böhmen umständlich erwähnen zu können, ist, wohl sehr erwünscht. Das erste sey der Wolfsberg bey Czerlochin, dessen Beschaffenheit ich durch einen Abgeordneten beobachten ließ. Man suchte den wohlbedachten Forderungen unserer Altmeister gemäß, zuerst ein originäres Gestein und setzte solches nach einiger Überzeugung fest, ohne deshalb allgemeinen Beyfall zu hoffen; dieses suchte man nun in seinen Veränderungen vom Kenntlichsten bis zum Unkenntlichsten zu verfolgen und hat eine dergestalt geordnete Sammlung mit wenig Noten an das Prager Museum gesendet. Ein mehr ausführlicher Aufsatz mit einem Ocularriß oder, wenn es glückt, mit einem richtig gemessenen wird vorbereitet; letzterer, welchen mir Herr Kreishauptmann v. Breinl von Pilsen versprach wird dadurch erleichtert, daß auf dem einen Ende des Wolfsberges ein Merkzeichen aufgerichtet war, auf welches allgemeine Messungen sich bezogen.
Die zweyte neuentdeckte Erscheinung uralter Feuerspuren ist bey Boden und Altalbenreuth im Fraischgebiet, etwa drey Stunden von Eger, gegen Süden. Auch hievon wird eine in jenem Sinne gesammelte Folge durch Rath Grüner gesendet werden. Eine Vergleichung mit dem Cammerberg soll nicht ermangeln; sie scheinen alle drey mir auszusprechen, daß ihr Ursprung topisch ist, indem an jedem der [219] drey Orte anderes originäres Gestein verändert worden und die Producte von verschiedenem Gehalt und Ansehn erscheinen.
Ferner hat schon im vorigen Jahre Herr Graf Sternberg die in Marienbad geognostisch beschäftigten Naturfreunde aufmerksam gemacht auf die so langsame als große Gewalt, welche die Gasarten auf's Urgestein ausüben. Beyspiele hievon sind mit einigen Bemerkungen an das Prager Museum abgegangen.
Sodann hat man von dem freyherrlich Junkerischen, höchst wunderbaren Bergwerk nähere Kenntniß genommen und wird die darüber erhaltenen Nachrichten zu vervollständigen, zu ordnen und mitzutheilen suchen. Von Exemplaren selbst ist mir nur soviel zur Hand gekommen, als nöthig ist, in dem eigenen Kabinett diese sonderbare, vielleicht einzige Naturerscheinung vollständig einzuverleiben. Der Besitzer jedoch wird sich gewiß eine Freude machen, die merkwürdigen Documente eines so seltenen Fundes in dem Museum niederzulegen.
So muß ich denn auch bey dieser Gelegenheit der Fortschritte des Rath Grüners gedenken, die er im oryktognostischen Fache gemacht hat; nicht allein wußte er sich durch allgemeine Anschauung eine reiche Kenntniß von mehreren Mineralien zu verschaffen, sondern er suchte sich auch mit dem, was die äußeren Kennzeichen besagen, genau zu befreunden und weiß schon mit dem Löthrohr umzugehen. Er sammelt [220] glücklich und versteht durch Tausch, seinen ökonomischen Kräften gemäß, sich mit allerlei wünschenswerthen Dingen von außen zu verstehen. Diese seine Verfahrungsart dürfte denn auch wohl den Zwecken einer hochansehnlichen Gesellschaft des Prager Museums entgegen arbeiten; so wie die bedeutende Entdeckung der oben angezeigten pyrotypischen Stellen im Fraischgebiete, nicht weniger eines vorzüglich schön crystallisirten Andalusits allerdings als verdienstlich gelten möchten.
Herr Abbé Dobrowsky habe ich zwar nur kurze Zeit, aber doch über einige Gegenstände umständlich gesprochen. Es ward eines böhmischen Codex halb Manuscript halb Druck zu Jena gedacht, dessen derselbe sich wohl erinnerte, obgleich viele Jahre vergangen, daß er solchen dort zur Hand gehabt. Ich erwähnte zweyer Bilder, die in der böhmischen Geschichte beschrieben werden. Englische Studenten zu Prag, denen man das consilium abeundi gegeben, hatten solche vor ihrem Weggehen an die Wände eines Bürgerhauses malen lassen. Ich erbot mich allenfalls Copien davon aus gedachtem Codex zu senden. Sobald ich nach Hause komme, soll eine genaue Beschreibung des Inhalts jenes Bandes geschickt werden, da alsdann Nachzeichnungen und Abschriften auf Verlangen bald erfolgen werden.
[221] Ohngeachtet vieler Zerstreuung sind Geognosie und Meteorologie nicht leer ausgegangen, weil ich durch meine Begleiter zu wirken trachtete. Vorerst empfehle Seite 63 des beykommenden Stückes zur Naturwissenschaft; ich habe in diesem Bezug meine Betrachtungen fortgesetzt und mich hat Weg und Weise immer mehr befriedigt; im nächsten Stücke soll deshalb das Weitere folgen. Auch bin ich sehr neugierig, was die Beobachtung der Preußen vom Meere herauf bringen wird, und wie ich sie in meinem Sinne nutzen kann.
Die Natur der lebendigen Pflanzen von Carl Heinrich Schulz, Privatdocent in Berlin, hab ich in Händen, möglich aber war mir's noch nicht, mich damit zu beschäftigen. Auch Schelver hat wieder von sich hören lassen, was ich bald zu vernehmen hoffe.
Und nun sey geschlossen mit herzlichstem Danck für das herrliche Schreiben vom 4. Aug. Swetla bey Deutschbrod, welches mich diese ganze Zeit her begleitet und zu manchen Betrachtungen aufgefordert hat. Mögen sie fortgefahren von Ihrem Beginnen beliebig mitzutheilen und zu bezeichnen, wovon allen Gebrauch zu machen wäre, so würd ich es danckbar erkennen. Sobald ich nach Hause gelange und einigermassen zur Besinnung erfolgt noch manches was ich jetzo in einem überdrängten Zustande nicht entwirren kann.
unabänderlich G. [222]