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An Charlotte von Stein

[Wörlitz, 14. Mai 1778.]

Wörliz Donnerst. Nach Tische gehn wir auf Berlin über Pozdam. Hier ists iezt unendlich schön. [222] Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Es ist wenn man so durchzieht wie ein Märchgen das einem vorgetragen wird und hat ganz den Charackter der Elisischen Felder in der sachtesten Manigfaltigkeit fliest eins in das andre, keine Höhe zieht das Aug und das Verlangen auf einen einzigen Punckt, man streicht herum ohne zu fragen wo man ausgegangen ist und hinkommt. Das Buschwerck ist in seiner schönsten Jugend, und das ganze hat die reinste Lieblichkeit. – Und nun bald in der Pracht der königlichen Städte im Lärm der Welt und der Kriegsrüstungen. Mit den Menschen hab ich, wie ich spüre weit weniger Verkehr als sonst. Und ich scheine dem Ziele dramatischen Wesens immer näher zu kommen, da michs nun immer näher angeht, wie die Grosen mit den Menschen, und die Götter mit den Grosen spielen. Adieu. Schreiben Sie mir ia nach Leipzig. Grüsen Sie die Herzoginn, Stein, Waldnern, Prinzen und Knebeln, des leztern wir oft erwähnen obs ihm gleich nicht gesund wäre herzukommen.

G. [223]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1778. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-853B-C