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An den Erbprinzen Carl Friedrich

[Concept.]

Vorläufiger unterthänigster Bericht

wegen des Berkaer Schwefelwassers.


Ew. Durchl.

können, wie mir scheint, in dieser Angelegenheit ganz ruhig seyn: wenn die Zusage, sich derselben anzunehmen, [138] kann vorläufig nur soviel ausdrücken, daß Sie solche genau prüfen und überlegen wollen. Die Sache ist in mehr als einem Betracht wichtig und bedenklich.

Ew. Durchlaucht gaben mir, als ich mich beurlaubte, gnädigsten Auftrag, vorläufig darüber zu denken und meine Gedanken zu eröffnen, welches hier am Orte um so leichter fällt, als ich die beyden Artis peritos, Döbereiner und Kieser, zur Seite habe. Jener versichert zwar den vorzüglichen Gehalt dieser Gewässer, allein er ist weit entfernt, zu der Anlage einer Badeanstalt übereilt zu rathen; dieser, mit mehr Neigung für die Sache, da er einer ähnlichen Anstalt in Nordheim vorgestanden, verleugnet doch nicht die ansehnlichen Kosten einer ersten Einrichtung, welche immer auf 5000 rh. anzuschlagen sind, und wofür blos das Allernöthigste des Badehauses und Inventariums herzustellen wäre. Eben so wenig verkennt er die Unsicherheit der bis jetzt bekannten Berkaischen Wasser und die Ungewißheit, ob sie hinreichend und nachhaltig seyn werden: denn um täglich in zehen Badewannen hundert und funfzig Bäder besorgen zu können, braucht man 4500 Eimer.

Ein beyliegendes Schema zeigt, was alles Günstiges und Ungünstiges hier in Betracht kommt. Ich hoffe nach diesem Entwurf Ew. Durchl. bald einen ausführlichen Aufsatz einreichen zu können, da denn erst der Entschluß gefaßt werden kann, ob man sich[139] von der Ausführung dieses Werks ganz lossagen, oder eine kleine Summe zur Prüfung und präparatorischen Arbeiten aussetzen wolle. Vielleicht wäre letzteres das Räthlichste: denn in einer zweifelhaften Sache ist nichts wünschenswerther, als der höchste Grad von Aufklärung und Deutlichkeit, damit wir unser Ja oder Nein vollkommen zu motiviren im Stande seyen.

Fremde Chemiker wollen wir ja nicht herbeyrufen. Es könnte uns nur zur Desavantage gereichen. Man schiene in Döbereiner Mißtrauen zu setzen, es würde Kosten machen und ich fürchte, wenn die Herren unhöflich genug wären, es besser wissen zu wollen, wie Döbereiner, so würden sie einer noch höheren Gehalt des Wassers angeben als er: denn er hat unter ungünstigen Umständen experimentirt. Das aber alles würde, wie obgesagt, zu keinem Resultate führen: denn die Frage bleibt: ist dieses Wasser, so vortrefflich es seyn mag, als Masse hinreichend und auf die Dauer gewiß?

Verzeihen Ew. Durchl. diese etwas tumultuarische Äußerung; ich wollte aber keinen Botentag versäumen, um Ihr gnädigstes Vertrauen, so gut ich es nur kann, zu erwidern.

Jena d. 13. Nov. 1812.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An den Erbprinzen Carl Friedrich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8545-5