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An David Knoll

Da ich bey meinem vorjährigen Aufenthalt in Carlsbad vernommen, daß Sie, mein werthester Herr, den hinterlassenen Vorrath des guten Joseph Müller an Carlsbader Mineralien übernommen, war mir sehr angenehm, überzeugt, daß Sie solche zusammenhalten und in der beliebten Ordnung wie der Selige den Naturfreunden darbieten würden. Hievon macht mich nun Ihr werthes Schreiben gewiß, und ich eile daher, so viel es thulich, Ihren Wünschen entgegen zu kommen.

Was den stänglichen Eisenstein betrifft, so war derselbe vor 6, 8 Jahren ziemlich rar, und Müller konnte seiner Sammlung nicht sonderlich bedeutende Stücke beylegen. Im Jahre 1818 that sich für mich ein neuer Vorrath auf, ich bezeichne die Stelle näher.

Über Hohdorf und Lessau geht jetzt die vortreffliche Chaussee nach Schlackenwerth; nicht weit von dem Punct, wo der Flußsteg von gedachten Dörfern heraufgeht, [76] ist linker Hand des Hochweges eine Grube im pseudovulkanischen Gebirge eröffnet. Hier fand ich vor zwey Jahren eine ganze Lage stänglichen Eisensteins zwischen dem Porzellan-Jaspis und zwar dessen soviel, daß man ihn mit auf die Chaussee gefahren hatte. Ich nahm davon genugsam mit nach Hause, um meine Freunde damit zu versehen.

Im vorigen Jahre aber hatte die Schicht schon aufgehört, und ich fand nichts was der Mühe werth gewesen wäre. Ich kann Ihnen also nur rathen, an gedachter Stelle oder sonst, wo Erdbrände entblößt werden, aufmerksam nachzuforschen, und es wird sich dieses Mineral, obgleich nicht zusammenhängend, immer wieder finden.

Indessen kann ich bey meinem nächsten Besuche in Carlsbad vielleicht ein halb Dutzend Stücke mit zurückbringen, die wenigstens, was diese Nummer betrifft, einige Sammlungen complettiren könnten. Was das andere Mineral betrifft, welches als Nr. 100 in dem Müllerschen Verzeichniß angegeben ist, möchte die Angabe schon schwerer seyn, da ich den Ort des Vorkommens selbst nicht weiß. Doch habe ich in der eben genannten Grube einen großen centerschweren Klumpen davon gefunden, welcher aber scheint in den ältesten Zeiten durch das Wasser dahin getrieben zu sehn und auch etwas von dem Erdbrandsfeuer erfahren zu haben. Hievon könnte ich leider keine Exemplare mittheilen.

[77] Sollte mir es gelingen dieses Frühjahr Carlsbad wieder zu besuchen, so würde ich mich freuen, auf alle Weise zu Ihrem Geschäft behülflich zu seyn, so wohl weil ich Sie als einen thätigen und wackern Mann kenne, als weil ich alles, was der Stadt Carlsbad, im Ganzen so wie im Einzelnen, förderlich seyn möchte, mit wahrer Neigung befördere. Denken Sie hinzu, daß ich die vieljährigen Bemühungen des guten Müllers, die ich, nach Einsicht und Kräften, geregelt und unterstützt hatte, durch Sie fortgesetzt und vielleicht noch in der Folge übertroffen sehe, so werden Sie an meinem aufrichtigen Antheil nicht zweifeln. Daher habe ich auch nichts zu erinnern, wenn Sie meinen Aufsatz über die Müllersche Sammlung nochmals wollten abdrucken lassen; allein ich kann Ihnen für den Anfang gegen 50 Exemplare, geheftet, franco bis an die Gränze sehr gern zugehen lassen und bey meiner Ankunft in Carlsbad mehrere zustellen.

Was den stänglichen Eisenstein betrifft, so würden Sie wohlthun, den Wegeknechten vorkommenden Falls ein Trinkgeld zu versprechen, oder Sie könnten von Caaden, wo derselbe sehr schön vorkommt, dergleichen hernehmen. Manches andere würde mündlich besser zu verhandeln seyn.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 8. Januar 1821.

J. W. v. Goethe. [78]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An David Knoll. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8578-4