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An Johann Kaspar Lavaterund Johann Konrad Pfenninger
Bruder, was neckst du mich wegen meines Amusements. Ich wollt ich hätt eine höhere Idee von mir [155] und meiner Bestimmung, so wollt ich weder meine Handlungen Amusements nennen, noch mich statt zu handeln amusiren. Doch du hast deinen Zweck erreicht.
An Pfenninger.
Danke dir lieber Bruder für deine Wärme um deines Bruders Seeligkeit. Glaube mir es wird die Zeit kommen da wir uns verstehen werden. Lieber du redest mit mir als einem Unglaubigen der begreifen will, der bewiesen haben will, der nicht erfahren hat. Und von all dem ist grade das Gegentheil in meinem Herzen. Du wirst viel Erläuterung finden in dem Mspt. das ich euch bald schicke.
Bin ich nicht resignirter im Begreifen und Beweisen als ihr? Hab ich nicht eben das erfahren als ihr? – Ich binn vielleicht ein Tohr dass ich euch nicht den Gefallen thue mich mit euern Worten auszudrücken, und dass ich nicht einmal durch eine reine Experimental Psychologie meines Innersten, euch darlege daß ich ein Mensch binn, und daher nichts anders sentiren kann als andre Menschen, dass das alles was unter uns Widerspruch scheint nur Wortstreit ist der daraus entsteht weil ich die Sachen unter andern Combinationen sentire und drum ihre Relativität ausdrückend, sie anders benennen muß.
Welches aller Controversien Quelle ewig war und bleiben wird.
Und dass du mich immer mit Zeugnissen packen[155] willst! Wozu die? Brauch ich Zeugniß dass ich bin? Zeugniß dass ich fühle? – Nur so schäz, lieb, bet ich die Zeugnisse an, die mir darlegen, wie tausende oder einer vor mir eben das gefühlt haben, das mich kräftiget und stärcket.
Und so ist das Wort der Menschen mir Wort Gottes es mögens Pfaffen oder Huren gesammelt und zum Canon gerollt oder als Fragmente hingestreut haben. Und mit inniger Seele fall ich dem Bruder um den Hals Moses! Prophet! Evangelist! Apostel, Spinoza oder Machiavell. Darf aber auch zu iedem sagen, lieber Freund geht dirs doch wie mir! Im einzelnen sentirst du kräfftig und herrlich, das Ganze ging in euern Kopf so wenig als in meinen.
An Lavatern.
Dein Schwager bringt dir nichts. Doch will ich verschaffen dass ein Mspt. dir zugeschickt werde. Denn biss zum Druck währts eine Weile. Du wirst grosen Teil nehmen an dem Leiden des lieben Jungen den ich darstelle. Wir gingen neben einander, an die sechs Jahre ohne uns zu nähern. Und nun hab ich seiner Geschichte meine Empfindungen geliehen und so machts ein wunderbaares Ganze.
Da schick ich dir ein Profil. Der Kerl |: sagt man :| war Steuermann, hat in der Sklaverey zu Tunis viel ausgestanden, und zieht nun in der Welt herum Mitleiden zu erregen. Ich hab ihn nach dem Leben gezeichnet. Das ist nur indeß flüchtige Copie davon, [156] das Original drückt besser den Eigensinn im Leiden, und das niedergedrückte einer starcken Menschheit aus. Du sollst auch haben.
Der Stirn Höhe ist übertrieben. Oder vielmehr sas er zu Zeiten mehr als Profil, da wölbte es sich so starck. Adieu Bruder ich binn nicht lass, solang ich auf der Erde binn erobr ich wenigstens gewiss meinen Schritt lands täglich! Steiner hat gefunden dass mein Portrait das du hast nicht ich sey. Er ist ein gar lieber Mann. [Frankfurt] Am 26. Apr. 1774.