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An Charlotte von Stein

[16. September.]

Noch habe ich wenig Hoffnung meine Beste zu sehen. Der alte Schnaus ist noch nicht wieder zurück und ieder Tag bringt seine Plage mit.

[95] Der iüngere Forster war hier mit seinem iungen Weibgen, einer gebohrnen Heyne von Göttingen, sie asen Abends bey mir mit Herders, Wieland und Amalie Seidler, die von Gotha aus eine Vertraute der ietzigen Forster ist. Sie waren beyde viel um die sterbende Schneider.

Der Prinz ist noch immer hier, ich sehe ihn wenig, bin viel allein und lese viel. Mein Camin wird nun gut und ich freue mich schon im voraus dich daran zu bewirthen. Von Fritzen habe ich nichts weiter gehört, es wird ihm nun recht wohlgehn, daß ich ihm sein Stillschweigen verzeihe.

Daß du wohl bist und nicht leidest freut mich unendlich, denn ich kann nichts geniesen wenn du Schmerzen hast. Ich freue mich iedes Tags der vorüber ist weil das Ziel näher rückt, da ich dich wiedersehe. Du gute, treffliche, einzige liebe. Ich bitte dich liebe mich nicht nur sondern werde auch nicht müde mich es fühlen zu lassen.


Sonnabend d. 17ten.

Heute den ganzen Tag hab ich auf ein Wort von dir gewartet. Es ist nicht gekommen und ich will Morgen Götzen den Weeg schicken den ich so gerne ging.

Edelsheim ist hier und das Wetter ist so böse und es hindert mich alles.

Wenn du doch balde wieder kommen könntest! da mir auch Fritz fehlt möcht ich kranck werden für Sehnsucht. [96] Ich kann dir nicht beschreiben wie mir zu Muthe ist.

Was ich thue verschwindet mir und was ich schreibe scheint mir nichts. O komme wieder damit ich wieder mein Daseyn fühle. Gute Nacht beste. Wann werd ich dir es wieder mündlich sagen können. Adieu. Ich bin ewig dein.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-85A0-8