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An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

von meiner Ankunft in Jena schuldige Nachricht zu geben, versäume ich um so weniger als ich mir eine Gelegenheit darbietet das Gegenwärtige durch Jenaische Curgäste in Ihre Hände zu bringen.

Gute Nachrichten von Wilhelmsthal habe ich hier gefunden und bin dadurch von einer sehr beschwerlichen letzten Tagreise wieder glücklich hergestellt worden. Die sonst leidlichen Wege über Pöseneck[125] waren von Gewitterfluthen äußerst zerrissen und stellenweise grundlos, so daß ich mich gegenwärtig auf ebenem und festen Boden sehr glücklich fühle.

Eben als ich ankam war die militärische Verlosung geschehen. Die Jenenser sind ein lustig Völckchen, sie haben die Sache ziemlich leicht genommen und sich ausgebeten Abends den Vorgesetzten ein Ständchen zu bringen, welches denn auch mit kriegerischer Music geschehen. Da es nun dabey mit den Studenten Händel gab welche den ci devant Knoten eine solche Ehre nicht gönnen wollten; so haben diese sich knotig erwiesen und zugleich wirklich gesetzt und verständig, daß sie aus dieser ersten Affaire mit allen Ehren hervorgegangen sind.

Über der Reitbahn sieht es noch etwas wild aus, doch hoffe ich in kurzer Zeit in Ordnung zu kommen. Doebereiners Laboratorium und Hörsälchen sieht desto artiger und reinlicher aus.

Die Vegetation in der Gegend ist ganz herrlich und das Saalthal will mir gar viel lustiger vorkommen, als der düstre Ellenbogener Kreis, ob wir gleich diesem seine Verdienste nicht schmälern wollen.

Für das Grummet ist seit einigen Tagen der Regen sehr willkommen, wie überhaupt die Pflanzenwelt nicht leicht der Feuchtigkeit genug hat. Mit dem botanischen Garten hoffe ich werden Ew. Durchlaucht. zufrieden seyn.

[126] Nun hoffe ich bald zu vernehmen daß das Töplizer Bad seine vollkommen wohlthätige Wirckung äussert, ob man gleich erst hinterdrein sich davon überzeugen kann. Diese Curen mit der sie begleitenden Lebensart bringen doch immer eine Art von Fieber hervor von dem man sich erst zu erhohlen hat um zu fühlen daß man wircklich besser geworden.

Der Herr v. Schömberg-Roth Schömberg ein kleiner muntrer Mann den Ew. Durchl. kennen wird in Töplitz aufwarten. Er hat Skizzen und Zeichnungen nach der Natur die ein gewisser Wehle von Bauzen auf einer Reise nach Persien gefertigt, die höchst interessant sind, und wird sie vorlegen. Auf dem noch übrigen kleinen Raume die größte Anhänglichkeit Ergebenheit und Verehrung betheurend

Jena d. 6. Juli 1811.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1811. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-85B5-9