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An Johann Friedrich Krafft
[Weimar] Den 2. November 1778.
Dem, der sich mit den Wellen herumarbeitet, ist's wohl der schlimmste Herzensstos, wenn der Willige am Ufer nicht Kräfte genug hat, alle zu retten, die der Sturm gegen seine Küste treibt. Wenn der, dem ein Menschengeschöpf die reichste Beute des Strandrechts [251] wäre, mit wenigen sich begnügen und die andern untergehn seyn muß.
In der Vorstellung, die ich mir von Ihnen aus den Briefen mache, glaub' ich mich nicht zu betrügen, und was mir am wehsten thut, ist, daß ich einem Mann, der so genügsam verlangt, weder Hülfe noch Hoffnung geben kann.
Um diesen Teich, den ein Engel nur selten bewegt, harren Hunderte viele Jahre her, nur Wenige können genesen, und ich bin der Mann nicht, zwischen der Zeit zu sagen: Steh' auf und wandle.
Nehmen Sie das wenige, was ich Ihnen geben kann, als ein Bret, das ich Ihnen in dem Augenblick zuwerfe, um Zeit zu gewinnen.
Bleiben Sie in der Jahreszeit wo Sie sind, ich will in der Folge gern für eine kleine Beihülfe sorgen. Melden Sie mir die Ankunft des Gelds und wie weit Sie damit zu reichen denken.
Ist Ihnen mit einem Kleid, Überrock, Stiefeln, warmen Stümpfen gedient, so schreiben Sie, ich habe zu entbehren.
Nehmen Sie diese Tropfen Balsams aus der kompendiosen Reiseapothek des dienstfertigen Samariters, wie ich sie gebe.
W. d. 2. Nov. 78.
G. [252]