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An Carl Friedrich Zelter

– – überbietenden Glanz- und Pracht-Farben. Fahr ich fort, sie gegen die Sonne zu richten, so leistet sie solches den ganzen Tag. Dieß ist also dem Einsiedler vor Allen gegönnt, die so viel haben und sich noch mehr dünken. Man kann sehr glücklich seyn, wenn man die Beystimmung der andern nicht fordert; daher ist eurer, der Musiker, Glück und Unglück beides übermäßig. Vom Schauspieler will der Rasirmesser-Schärfe des Augenblicks.

Verzeih solche Leben zerstörende Betrachtungen, sie sind es, die mir das Leben erhalten.

Die Rückseite deiner Medaille hat mich seither beschäftigt; eine sehr saubere Zeichnung, an der ich immer noch rücke und schiebe, steht schon auf dem Papier.

[110] So weit ich sie auch hier bringen kann, muß ich doch noch eine Litaney von Forderungen schriftlich hinzuthun, und alles kommt auf Sinn und Geschmack desjenigen an, der sie dort ausführen wird. Die Wappenrückseite einer Medaille muß durchaus nicht aussehen wie ein Petschaft, und doch müßte man wünschen, damit zu siegeln. Wäre dort ein Künstler, der eingriffe, so sollten wir die gräßlichen allegorischen Figuren eine Zeitlang los seyn, und jede Familie sähe sich in ihrem Wappen, es möchte seyn, wie es wollte, geehrt und gegründet. Doch das Weitere nächstens.

Weil es noch Zeit und Raum ist, will ich dir Folgendes vermelden, weshalb du mich, wie ich hoffe, loben sollst. Die gute Mara, von dir mit Recht geliebt und bewundert, feyert in der Ultima Thule, ich glaube in Reval, irgend ein angewachsenes Jahresfest. Man will ihr dort etwas Angenehmes erweisen, hat Hummeln um Musik, mich, durch ihn, um einiges Poetische ersuchen lassen. Da war mir's denn angenehm, mich zu erinnern: daß gab denn einen artigen parallelen Gegensatz, und so waren ein Paar Strophen leicht entworfen.

Freylich wäre, mit genialer musikalischer Übereinkunft, auch hier für die Dame die gränzenloseste Erinnerungsfreude zu bewirken gewesen, wenn man die erste Strophe mit den damals so hoch gefeyerten Motiven [111] Sta. Elena al Calvario ausgestattet hätte, wodurch sie in ihre Jugend schmerzhaft-anmuthig wäre zurückgeführt worden. Ich hatte das Programm mir schon ausgedacht, es blieb aber in meinem Busen verschlossen. Was geschehen ist, weiß ich nicht. Die zwey Strophen selbst secretir ich dir; höchst wahrscheinlich kommen sie von dorther oder irgendwo an den Tag, ich will aber nicht vorgreifen.

Gegenwärtiges mag abgehen zu Erneuerung freundlichsten Andenkens.

Der Deine.

Weimar den 3. Februar 1831.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-861B-C