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An Friedrich Heinrich Jacobi

Die Kurze will ich dir besorgen. Noch haben wir Ursache das Beste zu hoffen, wir sind auf dem Wege die Wasser zu gewältigen die uns vertrieben hatten, eben als wir die ungeheure Masse Gips durchsuncken hatten und auf das Dachgestein, das über dem Flöz liegt kamen. Der Bergsekretair und der Hofrath Voigt werden sich deines Grußes freuen, der Bergs. ist ein recht wackrer Mann und sehr vorzüglicher Mann in vielem Betracht.

Du verlangst einen jungen Mann zum Sekretair und zum Unterricht deiner Kinder, und ich habe eben einen, den ich gar gerne unterbringen möchte, ich wünschte nur daß er auch dir recht wäre. Sonderbar ists daß ich neulich ihn dir empfehlen wollte, auch etwa der Fürstinn, weil euch doch manches vorkommt [20] und daß eben mit deinem Brief einer von ihm ankommt, worinn er mir seine Noth klagt und meine Intercession anruft.

Er hat von Jugendauf Disposition zu den Wissenschaften gezeigt, und hat früh aus Neigung und Noth geschrieben und drucken laßen. Er heißt Vulpius, du hast seinen Nahmen irgendwo gelesen. Das ist nun nicht eben die beste Rekommandation. Wir erschröken über unsre eigne Sünden, wenn wir sie an andern erblicken. Es ward ihm sauer genug auf eine solche Weise sich und einige Geschwister zu unterhalten, er kam nicht zeitig genug hier in eine gewiße Carriere, sehnte sich nach einem Posten und ward Sekretair bey einem Kreisgesandten von Soden in Nürnberg, der ihm nun den Abschied giebt, weil ein andrer für weniger Geld noch mehr Arbeit im Hause übernehmen will. Er schreibt eine Hand, die nicht schön aber gemüthlich ist. Von seinem französisch kann ich nicht sagen wie weit es geht, er versteht es, soviel weiß ich daß er artig Italiänisch kann. Er hat eine gute Bildung und aus seinen Handlungen und Äusserungen schließe ich ein gutes Gemüth. Ich habe mich seiner vor einigen Jahren angenommen, in meiner Abwesenheit verlohr er jede Unterstützung und ging wie schon gesagt nach Nürnberg. Freylich kann ich nicht sagen daß ich ihn genau kenne. Ich habe mich für ihn interessirt ohne ihn zu beobachten, ich habe [21] ihm einige Unterstützung verschafft, ohne ihn zu prüfen. Seit mehr als zwey Jahren habe ich nicht gesehn und kann dir ihn also nur bedingt empfehlen. So viel kann ich sagen daß ich ihn, wenn ich einen solchen Menschen brauchte, zum Versuch selbst nehmen würde, das ist aber noch nicht genug für dich. Bedencke nun was ich da gesagt habe, ich will ihm schreiben, dich nicht nennen, ihn über sein latein französisch u.s.w. befragen. Für ihn wäre es ein großes Stück wenn du ihn nähmst, aber es ist die Frage ob du auch bedient wärest.

Sonst weiß ich jetzt niemanden, will mich aber doch erkundigen. Ich danke dir für das Vertrauen.

Von deinem Georg habe ich immer das beste gehoft, und war unzufrieden mit Euch daß Ihr immer mit dem Kinde unzufrieden waret. Ein Blat das groß werden soll, ist voller Runzeln und Knittern eh es sich entwickelt, wenn man nun nicht Geduld hat und es gleich so glat haben will wie ein Weidenblat dann ists übel. ich wünsche dir Glück zu dieser Vaterfreude.

Ich bin wohl und wunderlich. Laß bald wieder von dir hören. Wegen des jungen Menschen schreibe ich bald wieder.

Grüße die deinigen, die Fürstinn und den wiederbelebten Hemsterhuis. Liebe mich.

W. d. 9. Sept. 88.

G.

Eigentlich hat der junge V. den ich dir empfehle[22] Jura studirt, sich auch auf Geschichte und Diplomatick gelegt.

Verschaffe mir doch Abdrücke in Siegellack von der Fürstinn geschnittenen Steinen. Mich interessiren jetzt diese Kunstwerke mehr weil ich sie beßer verstehe.

[23]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1788. An Friedrich Heinrich Jacobi. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8661-E