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An Friedrich Schiller

Die vier Karolin sende mit Dank zurück und erbitte mir dagegen meine goldene Bürgen. Auch habe ich noch durch den von Cotta mir so bald übermachten Betrag des Almanachs zu danken. Das Sprichwort:[356] Was durch die Flöte gewonnen wird geht durch die Trommel fort, habe ich in besserm Sinne erfüllt, indem ich mir dafür ein Kunstwerk angeschafft, das auch Ihnen Freude machen und unsere gemeinschaftlichen Genüsse und Kenntnisse erhöhen und beleben soll. Meyer hat Ihnen schon etwas von unsern neusten Speculationen eröffnet und sich sehr Ihrer Theilnahme und Einwirkung gefreut. Sobald ich mich von meiner Zerstreuung erholt habe, will ich unsere Thesen aufsetzen, um alsdann darüber conferiren und ein glückliches Ganze ausbilden zu können. Ich bin überzeugt daß wir diesen Winter weit kommen werden.

Ich habe gestern zum erstenmal wieder in Ihrer Loge gesessen und wünsche Sie bald wieder darinn einführen zu können. Da ich ganz als Fremder der Vorstellung zusah; so habe ich mich verwundert wie weit unsere Leute wirklich sind! Auf einem gewissen ebnen Wege der Natur und Prosa machen sie ihre Sachen über die Maße gut; aber leider im Momente wo nur eine Tinctur von Poesie eintritt, wie doch bey dem gelindesten pathetischen immer geschieht, sind sie gleich Null oder falsch. Wunderlich genug schien es mir daß der Verfasser des Stücks, Ziegler, in eben dem Falle zu seyn scheint, er findet recht artige komische Motive, und weil diese immer extemporan wirken, so behandelt er sie meist recht gut. Alle zarte, sentimentale und pathetische Situationen aber, welche [357] vorbereitet seyn, und eine Folge haben wollen, weiß er nicht zu tractiren, wenn er sie auch gefaßt hat, sie überstolpern sich und thun keinen Effect, ob sie gleich nicht unglücklich angelegt sind. Ich verspreche mir von Ihrer Gegenwart recht viel Gutes für's Theater und für Sie selbst. Ich hoffe bis zu Ihrer Ankunft auch wieder völlig in meiner Lage zu seyn.

Für die bisher übersendeten Horen danke zum schönsten und bitte nun auch um einige Exemplare des Almanachs. Beyliegender Brief ist wieder ein ächtes Zeichen bornirter Deutschheit. Die Rätzel-Geschichte ist nun schon mehrere Jahre vorbey und klingt immer noch nach. Welch ein glückliches National-Appercü war nicht der Reichsanzeiger.

Leben Sie recht wohl. Unsere Schätze werden nun nach und nach ausgepackt und schon sind zur Aufstellung Anstalten gemacht. Bis Sie kommen, wird alles in der schönsten Ordnung seyn.

Weimar am 22. Nov. 1797.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86A6-1