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An Johann Gottfried Herder

[Weimar, kurz vor 20. Februar 1776?]

Hochwürdiger
's ist eine alte Schrift
Dass die Ehen werden im Himmel gestifft
Seyd also vielmehr zu eurem Orden
Vom Himmel grad rab gestifftet worden.
Es uns auch allen herzlich frommt
Dass ihr bald mit der Peitsche kommt –
Und wie dann unser Herr und Crist
Auf einem Esel geritten ist
So werdet ihr in diesen Zeiten
Auf hundert und funfzig Esel reiten
Die in Ew Herrlichkeit Diöces
Erlauern sich die Rippen stös.
Wollten euch nun bewillkommen bass,
Bereiten euer Haushalt trocken und nass
Welches fürwahr wird besser seyn
Als thäten wir euch die Kleider streun.
Derhalb zuförderst woran die Welt
Ihre Achse gebunden hält
Wornach Sonn Mond und Stern sich drehn,
All Sinnbäu rüber hinüber gehn,
Wie nehmlich iedes Ding sich puzt
Vors andern Augen pfauisch stuzt,
[31] Dran da sich zeigt eines ieden Gab
Ein Pfau ein Pfau, ein Rab ein Rab.
Ihr der ihr seyd in unserm Gart
Eben wie der Messias erwart
Wo eben keiner weis was der sollt
Aber doch immer was er wollt,
Mögt sich aber immer mit leisen Schritten
Vom Messias ein Vizdum erbitten.
Also ohneracht all der ehr auf Erd
Dass der Herr nicht selbst gekreuzigt werd
Wollen erscheinen schön und züchtig
Sind hernach zu allem andern tüchtig.
Denn wie im Buche geschrieben steht
Dass der Wolf in Schaafskleidern geht,
So würd es euch gar übel stehn
Als Schaaf in Wolfskleidern zu gehn.
Ihr habt darum ein schwarzes Kleid
Einen langen Mantel von schwarzer Seid,
Ein Kräglein wohl in Saum gelegt
Das nun keiner läng breiter trägt.
Schick euch ein Muster zur nächsten Frist
Weils immer doch die Hauptsach ist.
Dürft auch den Mantel wie vorzeiten
In Sack nein stecken vor allen Leuten.
Wenn euch nun erst der Rath der Stadt
Zum Oberpfarr berufen hat
Werd ihr vom Fürsten dann ernennt
Hofpredger General Superndent
[32] Mögt auch immer Rückantwort schreiben
Wie ihr an den Lyncker thätet treiben
Weil wir doch in der Fassnachts spiel
Haben Razzen und Frazzen gar viel,
Und im Grund weder Luther noch Crist
Im mindesten hier gemeynet ist
Sondern was in dem Schöpsen Geist
Eben Lutherisch und kristlich heist.
[33]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1776. An Johann Gottfried Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86BA-6