8/2616.

An Georg Joachim Göschen

[27. October.]

Ich kann nicht sagen daß der Anblick der drey Exemplare meiner Schriften, welche zur rechten Zeit in Rom anlangten, mir großes Vergnügen verursacht hätte. Das Papier scheint eher gutes Druckpapier als Schreibpapier, das Format schwindet beym Beschneiden gar sehr zusammen, die Lettern scheinen stumpf, die Farbe ist wie das Papier ungleich, so daß diese Bände eher einer ephemeren Zeitschrift als einem Buche ähnlich sehen, das doch einige Zeit dauren sollte. Von ohngefähr war ein Exemplar der Himburgischen Ausgabe hier, welches gegen jene wie einem Dedikations Exemplar ähnlich sah. Dieß ist nun aber geschehn und nicht zu redreßiren. Auch finde ich in einigen Stücken, die ich durchlaufen, Druckfehler und Auslassungen, kann aber nicht entscheiden, ob es am Manuscripte oder am Correcktor liege.

[277] Egmont ist schon in Deutschland, vielleicht schon in Ihren Händen. Claudine und Erwin sollen bald folgen. Den sechsten Band kann ich auch versprechen, melden Sie mir nur den letzten Termin wenn Sie das Manuscript haben müssen um auf Ostern mit dem Druck fertig zu seyn.

Sie haben nach dem Contrackte das Recht zugleich mit dieser Ausgabe eine beßere auf Holländisch Papier zu machen; Sie schreiben mir daß Sie nun die 4 ersten Bände noch einmal setzen lassen und nach und nach mehrere Exemplare wollen abdrucken lassen. Ich sehe dieses als jene bedungne Ausgabe an und erwarte die stipulirten Exemplare. Zugleich auch die Zahl der überhaupt abgedruckten und abzudruckenden Exemplare. Ich gedencke Sie, da hierüber nichts bedungen ist nicht einzuschräncken, es ist dagegen aber auch billig daß diese Auflage sich nicht ins Unbestimmte erweitre.

Was über die acht Bände noch ausgearbeitet werden könnte wollen wir vorerst noch auf sich beruhen laßen. Ist unser erstes Pensum absolvirt; so läßt sich eher etwas darüber dencken und bestimmen.

Was die von meinem Freunde komponirte Oper betrift, so kommt mirs nicht darauf an sie in die vier letzten Bände mit aufzunehmen, obgleich das Publikum kein Recht darauf hat, es auch wohl so genau nicht nehmen möchte, da ich anderthalb Jahre Arbeit mehr liefre als ich versprochen habe. Die [278] Endigung, Umänderung und Ausarbeitung der Stücke, die ich nur versprach wie sie da lagen, hat mich unschätzbare Augenblicke gekostet, und ich kann Sie aufrichtig versichern, wenn ich auf den Gewinnst gesehen und meine Schriften nach der Anzeige hingegeben hätte; so könnte ich jetzt bequem vier andre Bände fertig haben, so mancherley ist angefangen, das sich mir zum Fertigmachen gleichsam aufbringt.

Wegen Ausgabe der Partitur dancke ich für Ihre Bereitwilligkeit. Ich werde die Sache mit dem Componisten durchsprechen, den ich in wenig Tagen hier zu sehen hoffe. Er wird mir das nun vollendete Stück vorspielen und unsre Absicht ist sogleich an eine größre Arbeit zu gehen.

Mad. Angelicka hat mich mit einer gar schönen Zeichnung zum fünften Bande begünstigt. Hr. Lips hat sie auch bereits gestochen und schon im Probedruck verdient seine Arbeit allen Beyfall. Sobald er fertig ist werde ich ihn befriedigen und meine Auslage anzeigen. Die Platte soll mit Claudinen ankommen.

Der Mad. Angelika darf ich kein Geld anbieten, dagegen wünschte ich durch Bücher unsere Erkänntlichkeit zu zeigen und eine gute Einleitung für die Zukunft zu machen.

Schicken Sie deßwegen auf das baldigste

Wielands poetische Schriften die kleine neue Ausgabe.
[279] Herders zerstreute Blätter 3 Bände.
Desselben Volckslieder 2 Bände.
Vossens kleine Gedichte.
Höltys Gedichte.
Vossens Odyssee.

sämmtlich in englischen Band gebunden, wo möglich alles Schreibpapier, wohl gepackt, unter der bekannten Adreße an Hrn. Tischbein nach Rom.

Die Zeichnung aus der Iphigenie, welche die trefliche Künstlerinn für mich gefertigt, liegt mir so nah am Herzen, daß ich mich nicht entschließen kann, sie aus Händen zu geben. Bringe ich sie dereinst nach Deutschland, so bin ich vielleicht nicht abgeneigt, sie einem bekannten sorgfältigen Künstler anzuvertrauen.

Nach einem Briefe des Cammer Calculator Seidel hat es einige Irrung gegeben, wegen eines Schreibefehlers im Duplikate des Contrackts, auch haben Sie Sich mit ihm wegen Abliefrung der Exemplare anders, als der Contrackt besagt abgefunden. Ich billige alles was von ihm geschehen ist und genehmige eine Abänderung und Erklärung des 8ten Artikels nach Lage der Umstände, welche Sie mit ihm zu koncertiren die Güte haben werden.

Richten Sie es doch, bey dem neuen Abdruck der vier ersten Bände, so ein, daß die Liste der Pränumeranten vor den vierten Band kommt, und laßen die Exkommunication des Nachdruckers weg, die mir vor der Zueignung sehr unerwartet aufgefallen ist.

[280] Übrigens nehme ich an allem was Sie betrift einen aufrichtigen Anteil und wünsche daß die Feindseligkeiten der Nachdrucker Ihnen keinen empfindlichen Schaden zufügen mögen.

Ich schließe diesen Brief offen an den Cammer Calculator Seidel ein, damit er von dem unterrichtet sey was zwischen uns vorgeht, auch diese Blätter Hrn. Legations Rath Bertuch vorlege. Leben Sie recht wohl und gedencken mein.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Georg Joachim Göschen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86BE-D