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An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgroßherzoginn,
gnädigste Fürstinn und Frau,

Ew. Kayserlichen Hoheit gnädigste Sendung hat mich in die gröste Unruhe versetzt, ja mich völlig mit mir selbst entzweyt: denn schon hatte ich mich darein ergeben die Reihe der schönen Feste, welche gegenwärtig Weimar verherrlichen, diesmal zu entbehren und meine frommen Wünsche aus stiller Einsamkeit den verehrtesten Personen zuzusenden. Nun aber theilen Höchstdieselben mir ein Gedicht mit, das, indem es aufs klarste vorführt was feyerliches dort und anmuthiges erscheinen soll, mich unmittelbar an jene Zeit erinnert wo mir vergönnt war, durch Erfindung[35] und Rath, Anregung und Leitung, manches zum Vergnügen meiner Höchsten Gebieter beyzutragen. Nichts konnte mir das Wegschwinden von Tagen und Kräften mehr zu Gefühl bringen als diese Betrachtung, die, wenn uns gleich nicht fremd, doch unter Umständen, uns immer wieder einmal empfindlich werden kann.

Die vollkommenste Beruhigung jedoch so wie die glücklichste Erheiterung gab mir Ew. Kayserlichen Hoheit gnädigstes Schreiben selbst und heilte mich so schnell als es mich verwundet hatte: denn ich erkannte ja daraus HöchstIhro wohlwollende Gesinnung, welche mir Augenblicke erwünschtester Gegenwart jeder Zeit und um so mehr an den erfreulichsten Tagen gerne gönnen mag. Überzeugen Sich Ew. Kayserliche Hoheit daß ich nur in diesem Gefühl das Leben eigentlichst geniesse und in fortdauernder Überlegung bleibe wie auch den theuren Prinzessinnen ein heitrer und nützlicher Sommer zu bereiten sey. Über Mittel, Art und Weise das Umständlichere zu verhandlen, bleibt noch schöne Zeit, während welcher dieses mir so theure Anliegen aus dem Sinne nicht kommen soll. Mögen Ew. Kayserlichen Hoheit Wünsche und Hoffnungen, mit denen sich die unsern auf das treulichste vereinigen, im reichsten Maase erfüllt und so dieses Jahr zu den schönsten unsres Lebens gezählt werden.

Wie ich denn wohl schlieslich hoffen darf am heutigen und morgenden Tage, denen Beyden verehrten[36] und geliebten Gefeyerten, durch Höchstderoselben gewichtige Worte, für jetzt und immer empfohlen zu seyn.

Ew. Kayserlichen Hoheit

unterthänigster

Jena d. 3. Febr. 1818.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An die Großherzogin Maria Paulowna. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-870B-A