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An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

Geneigtheit gegen die hübsche, kunstreich geborene Facius thut sich sehr klar aus der eingesendeten Büste hervor und man sieht gar deutlich, wie sie das Glück hat, sich einem reichen Kunstelemente zu nähern und von des Meisters belebender Sonne erleuchtet und gefördert zu werden. Nehmen Sie auch von meiner Seite den schönsten Dank dafür, so wie für manches andere, das durch Ihre ausgebreitete Thätigkeit auch auf mich Einfluß hat, ohne daß es Ihnen gerade selbst bekannt würde.

Nun aber habe noch in einem ähnlichen Falle mich an Ihre Gefälligkeit zu wenden und Ihnen, wär es auch nur zum Überfluß, den Sohn eines Freunds zu empfehlen, der Ihnen, soviel ich weiß, schon angemeldet ist und den Sie, wie ich vermuthen darf, in Ihre lebens- und kunstreiche Umgebung gern ausnehmen werden. Es ist nämlich der Sohn des Herrn Regierungsrath Dr. Nicolaus Meyer aus Minden, von welchem ich schon einige Jahre her zwar unzulängliche und unbehülfliche Bemühungen in Umrissen und sonstigen Zeichnungen mitgetheilt erhielt, woraus mir aber doch ein entschiedenes Talent für bildende Kunst hervorzugehen schien.

[67] Diesen seinen Sohn wünscht mein Freund nach Berlin, ganz eigentlich zu Ihnen zu senden; er hat den Knaben schon angemeldet, glaubt aber in dem Grade an Ihr Wohlwollen für mich, daß er sich überzeugt hält, eine Erwähnung von meiner Seite könne seinen Wünschen und Hoffnungen vortheilhaft seyn. Wäre es daher Ihren übrigen Zuständen und Geschäften angemessen, so würde ich bitten, sich dieses jungen Mannes gefällig anzunehmen und ihn zu prüfen, da sich denn freylich das in ihm wohnende Talent noch sehr unentwickelt zeigen würde. Der ältere Bruder befindet sich schon als Studierender auf der Berliner Universität und ich kann dem zwar wohlhabenden, aber durch eine starke Familie bedingten Hausvater nicht verargen, wenn er sich von der ökonomischen Seite einigermaßen erleichtert zu sehen wünschte, wozu Ew. Wohlgeboren bey Ihrem weitumfassenden Wirkungskreis einige Rücksicht zu nehmen vielleicht die Geneigtheit hätten.

Ich würde Dieselben bey so vielen wichtigen Obliegenheiten nicht mit einem solchen Ansinnen behelligen, wenn nicht eben eine ausgebreitete Thätigkeit den wohlwollenden Mann gerade in den Fall setzte, dasjenige, was in beschränkteren Umständen nicht geleistet werden könnte, zu überschauen und zu bewirken.

Schließen aber kann ich nicht ohne wiederholten Dank für die Begünstigung unsrer jungen Künstlerin, wozu ich die Bemerkung füge, daß bey meinem dießmaligen [68] Geburtsfest unter manchen andern köstlichen Gaben mir auch ein höchst gelungenes Porträt meines vortrefflichen Zelter zugekommen, worin ich das bedeutende Künstlerverdienst des Herrn Begas entschieden anzuerkennen und mich meines vielfach schönen und glücklichen Verhältnisses zu Berlin aus neue Weise in täglicher Anschauung zu erfreuen habe.

Eben da ich schließen will, verläßt uns nach einem Besuche von einigen Tagen, um nach Berlin zu gehen, Herr Zahn aus Cassel. Sie werden sich mit allen Kunstfreunden ergötzen, wie wohl er seinen Aufenthalt, besonders in Pompeji, zu nutzen gewußt, und sicher wird er dort wie hier durchaus wohl aufgenommen seyn.

Mich fernerem geneigtem Wohlwollen empfehlend, in aufrichtigster Theilnahme

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 18. September 1827.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Christian Daniel Rauch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8747-2