26/7317.
An Carl Friedrich von Reinhard
Ihr theures Schreiben, mein verehrter Freund, hat mich an die vielen Tage und Stunden erinnert des vorigen Jahres, wo ich, theils für mich im Stillen, theils mit Freunden durch Localitäten und hundert Reminiscenzen veranlaßt, an Sie in Liebe gedacht und Sie in unsere Mitte gewünscht habe. Beyliegendes Bild zeigt Ihnen den Ort wo ich mit Boisserée einige [273] Zeit gewohnt und über Ihre Schicksale noch manches Besorgniß gehegt habe. Und so wollen wir uns denn vor allen Dingen Glück wünschen, daß Sie den seltsam wildesten Schicksalen entgangen, sich in der Nähe des friedlichen Orts befinden, wo ich so gern gewohnt.
Die jungen Freunde, die Sie mir früher zugewiesen, verdienen immerfort alles Lob, sie sind sich an Thätigkeit, Kunstliebe und klugem Betragen immer gleich geblieben, so daß man mit Vergnügen mitarbeitet um ihre Unternehmungen zu fördern. Sie stehen jetzt auf einem wunderbaren Puncte, wo man in sie bringt sich wegen der Zukunft zu entscheiden. Die Lage ist Ihnen, verehrter Freund, gewiß nicht unbekannt, vermuthlich wird man Zeit zu gewinnen suchen und dieß ist hier das Beste wo nicht das Einzige was man thun kann.
Der Ihrige
Goethe.
Ich eilte zu schließen damit ein an Dr. Ehrmann abgehendes Packet auch das für Sie bestimmte Blättchen mitnähme, haben Sie die Güte bey'm Anschaun desselben meiner stets in Freundschaft zu gedenken. Bald hoffe ich mehr zu schicken und zu sagen.
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