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An Charlotte von Stein

[Weimar, 31. October – 3. November 1778.]

d. 31. Oktbr.

Sagen Sie doch Kestnern dass er mir Moose von allen Sorten durch den Schäfer suchen lässt und wo möglich mit den Wurzeln und feucht erhält dass sie sich wieder fortpflanzen.

Die Welt ist so lachend und die Gegend so frey dass ich wieder zeichnen würde, wenn die Umstände nicht wieder Ball mit mir spielten. Ich bin wie der Komet im Spiel den man zu allen Karten macht. Der Philosoph ist gepuzt und steht nun an mit wem er den Reyen eröffnen soll, sein [Herz]* Wiz wird ihn einen Ausweeg lehren da er seinem Herzen nicht folgen kann.

* Sie haben hier wieder ein weites Feld mich zu necken, dass ich in den fall komme Herz in Wiz zu korrigiren.


d. 3. Nov.

Steinen hab ich versäumt das Zettelchen mitzugeben, und von Ihnen hör ich auch nichts. Es lebe die Gegenwart, und ich wollt Sie wären wieder hier. Des Abends wird nun meist zu Hause geblieben. Gestern waren Herders da und der Herzog und Seckendorf bis 8 Uhr Musick nachher assen wir und zum Nachtisch las ich was das zu lachen machte und verdauen [253] half. Ich habe wieder eine Scheere zugerichtet um eine grose Heerde zu scheeren und gelegentlich zu schinden. Daran hindern mich eifrige Gedancken an einen Theater Bau dazu ich ohnablässig Risse krizzle und verkrizzle, nächstens ein Modell hinstellen werde dabey's bleiben wird.

Auf den Freytag ist das Schauspiel in Ettersburg zum Schluss diesiähriger Landunlust, vergebens hab ich meinen Mardochai loszuwerden gesucht, ich muss dies Kunstwerck noch einmal vortragen. Sie wissen und mögen von alle dem nichts wenn Sie da draussen stecken. Nun haben wir Ihnen Steinen bald geschickt, kommen Sie nun auch bald.

Zu Anfang künftger Woche wirds von Belvedere hereinkommen, und ich werde also auch für diesmal die Sorge für Fusböden, Ofen, Treppen und Nachtstühle losseyn. bis es wieder von vorn angeht.

Wenn Sie abwesend an meinen Seelenumständen Theil nehmen so dient zur Nachricht dass sie ruhig beschäfftigt, liebreich und possenhafft sind. Grüsen Sie Steinen und die Kinder.

Die Waldnern wird alle Tag koketter, mit meinen Lieben gehts auch nicht vom Flecke ich schiebs auf die Jahrszeit dass mich Mauern und Hängewercke mehr unterhalten als die Misels. Schreiben Sie mir nun auch wies Ihnen geht Sie sehn das liebe Ich füllt meinen ganzen Brief. Denn von der ganzen Cristenheit [254] hab ich Ihnen nichts zu erzehlen. Der Herzog ist wohl wir sind einmal viel zusammen.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1778. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-87F2-D