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An Sulpiz Boisserée

Daß die heiligen drey Könige mit Ihrer Silbergabe bey mir glücklich angekommen, vermelde sogleich, vermisse aber die mir zugedachte amerikanische Münze; wahrscheinlich hat ein anderer Liebhaber sich deren bemächtigt.

Herrn Schwab grüßen Sie zum allerschönsten; der frühere Eindruck sowohl des Originals als seiner Übersetzung bleibt immer eben derselbige. Der Ton ist ihm glücklich gelungen, worauf bey solchen Dingen ja alles ankommt. Da er nun aber in dieser Bemühung so weit gegangen, so wünscht ich, daß er nach Anleitung der wenigen Worte siehe Kunst und Alterthum 3. Bandes 3. Heft pagina 141 die Reisen [16] des Mandeville studirte und die Übereinstimmung beider Schriften, sowohl dem ganze Sinne als den mitgetheilten Einzelnheiten nach, bemerkte und notirte. Dadurch schließt sich das gegenwärtige Büchlein an eine andere Region und wird demjenigen, der sich mit der Geschichte der Reisen abgibt, interessant und nothwendig; auch hab ich früher schon in Kunst und Alterthum darauf hingedeutet.

Nun aber sey für Ihre Steindrücke der beste Dank; der heilige Christoph wird von jedermänniglich als ein Wunder betrachtet.

Das schöne obgleich gefährliche Frühjahr entbindet mich nun auch von Winterarbeiten, die zwar ganz unterhaltend, aber doch immer mißlich waren. Möge Ihnen daraus auch einige Zufriedenheit entspringen, wenn die Leipziger Messe diese stillen Bemühungen offenbaren wird. Hätte ich nicht so hinreichende Notizen vor mir gehabt, so wär ich nicht durchgekommen; dergleichen Erinnerungsarbeiten sollte man nicht auf späte Jahre verschieben: indessen denk ich, soll es noch hinreichend unterhaltend, hie und da belehrend seyn.

Schreiben Sie mir, was Sie in der nächsten Jahreszeit vorzunehmen gedenken; ich werde dießmal Böhmen vielleicht früher als sonst besuchen; die kurzen Tage haben auswärts und auf der Reise auch immer etwas Hinderndes und Verdrießliches, wenn man im Sommer bey jedem Unternehmen im Freyen die Gränzen zu scheuen hat.

[17] Können Sie mir über die Anfrage auf beyliegendem Blatt irgend eine genügende Auskunft ertheilen, so erweisen Sie mir eine besondere Gefälligkeit.

Mit den besten Grüßen an Bruder und Gesellen.

treulichst

Weimar den 14. April 1822.

G.


Anfrage.

Von nachgemeldetem Bilde soll eine Copie in Augsburg bey einem gewissen Licentiaten verkäuflich seyn; sie hat die Aufmerksamkeit eines Reisenden auf sich gezogen, der durch Kenner unterrichtet zu seyn wünschte, was davon eigentlich zu halten. Haben Sie es vielleicht, mein Werthester, selbst gesehen? oder können sie von einem einsichtigen Freund in Augsburg davon nähere Nachricht erhalten, so würden Sie mich sehr verbinden.

G.


Pietro Cavallini, ein Römer, Mahler und Bildhauer, Schüler des Giotto, welchem er an dem großen musivischen Gemählde, la Navicella di S. Pietro genannt, soll geholfen haben; andere musivischen Arbeiten von diesem Künstler sind noch in den Kirchen S. Maria di Trastevere und S. Paul fuor delle Mure vorhanden, wo sich noch ein in Holz geschnitztes Cruzifix befindet. Frescomahlereien von Cavallini sind zu Assisi und zu Florenz, woselbst besonderes die wunderthätige Verkündigung in der Kirche der [18] Serviten für seine Arbeit gehalten wird; er selbst hat in andern Kirchen die gleiche Darstellung auf ähnliche weise ein paarmal wiederholt. Jenes wunderthätige Bild aber ist von Meistern späterer Zeit unzählige Mal vervielfältigt vorhanden, das heißt: es sind bey gewissen Gelegenheiten Copien von jenem für heilig gehaltenen Gemählde gemacht und diese dann wieder copirt worden und wohl ist es möglich, daß dergleichen selbst von guten Meistern verfertigt sich vorfinden. Cavallini soll um die Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts gearbeitet haben.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8807-A