9/2921.

An Georg Forster

[Concept.]

Für den zweyten Theil Ihrer Ansichten danke ich recht sehr. Sie haben mir dadurch viel Vergnügen gemacht. Die Geschichte der brabantischen Unruhen scheint mir fürtrefflich geschrieben und für einen Mann von entschiedener Denkungsart noch immer unparteiisch genug. Auch hat es nicht mir allein, sondern jedem, der es gelesen, Freude gemacht. Eben so ist der übrige Theil des Buches so angenehm als unterrichtend, man mag wenn man geendigt hat gerne von vorne anfangen und wünscht sich mit einem so guten, so unterrichteten Beobachter zu reisen.

Sie erhalten hierbey das zweyte Stück meiner optischen Beyträge, mit der dazu gehörigen Tafel, ingleichen die letzten Bogen des ersten Bands meiner neuen Schriften, die Sie zum Cophta werden binden lassen. Von jedem erhalten Sie drey Exemplare, eins für Herrn Sömmerring dem ich solches mit beyliegendem Briefe zu übergeben bitte, ein zweytes für Jacobi dem ich es wohl eingepackt nebst dem andern Packet zu überschicken bitte. Die große Tafel macht die Versendung ein wenig unbequem, und ich mußte deswegen mehrere zusammen packen; es war aber kein ander Mittel mich deutlich zu machen, und ich darf in dieser äußerst zarten Sache nichts unterlassen, was [311] die Versuche, die ich vortrage, zur Evidenz bringen kann. Sie werden in diesem zweyten Stücke weniger als Sie hofften finden, das dritte soll schon mehr bringen und mit dem vierten hoffe ich soll sich der Ballon in die Luft heben, den ich aufs sorgfältigste zu construiren und zu füllen habe, um keinen ikarischen Fall zu thun. Wie sehr wünschte ich Sie einmal in meiner camera obscura bewirthen zu können. Ich hoffe diesen Herbst auf gutes Wetter, und dann hoffe ich sie in den Stand zu setzen, daß alle wichtigen Versuche darin angestellt werden können. Außer diesem engeren Bezirk habe ich noch mancherley Maschinen und Einrichtungen um theils im Freyen, theils im Theatersaale der sich denn auch ganz verfinstern läßt, Versuche anzustellen, die mehr Platz und größere Distanzen erfordern. So habe ich z. B. die Regenbogen unter allen Umständen durch eine Feuerspritze mit einer sogenannten Windblase hervorgebracht, bey Sonnenschein, bey Mondschein, beym Scheine eines Reverbères, bey einem großen angezündeten Strohfeuer. Ich werde diese Versuche, bey denen viel Merkwürdiges vorkommt, gleichfalls beschreiben und ihnen in der Folge ein besonderes Stück meiner optischen Beyträge widmen. Ich bin jetzt an den Höfen und Parhelien um auch diese wo möglich künstlich hervor zu bringen. Die Lehre vom farbigen Schatten ist schon ausgearbeitet und wird Michael im dritten Stück erscheinen. Haben Sie, lieber Freund, nur noch ein Jahr Geduld! [312] Wenn sich das ganze mehr übersehen läßt, wird es Ihnen gewiß Zufriedenheit geben, und Sie zur Theilnehmung und Mitarbeit einladen.

Ich habe einen gläsernen Keil mit beygelegt, durch welchen ich die Tafel anzusehen und Beobachtungen anzustellen bitte. Sollte Sie die Sache genug interessiren, so wünschte ich daß Sie sich ein Prisma aus Glastafeln, wie ich es beschrieben und gezeichnet habe, machen ließen.

Herrn Sömmerring theilen Sie ja wohl das was ich über diese Materie hier geschrieben mit. Er wird Ihnen dagegen einige Bemerkungen mittheilen, die ich ihm geschrieben habe.

Sakontala kommt auch mit Danke zurück, was Herder darüber gesagt werden Sie mit Vergnügen gelesen haben. Vielleicht haben Sie Herdern auf seinem Wege nach Aachen gesehen, er leidet sehr, ich wünsche daß ihn das Bad erleichtern möge.

Es sieht wohl kriegerisch genug um Sie her aus? Ich wünschte daß dadurch Ihr Kreis nicht gestört werden möge. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Gattin, und gedenken Sie mein.

W. d. 25. Jun. 1792.

Goethe. [313]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1792. An Georg Forster. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-883F-E