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An Johann Christian Kestner
[Frankfurt, 11. Mai 1774.]
Es hat mich überrascht, ich erwartete das nicht. Gehofft hat ichs, doch da dein Brief nichts davon sagte, beschied ich mich dass die erstgebohrnen der Famille gehören. Nun aber – ich wünsche dass Lotte – denn getauft ist der Knabe am 11. May da ich das schreibe – dass Lotte alle Ueberlegung möge auffahrend durchgebrochen haben, und gesagt: Wolfgang heister! und der Bub soll auch so [159] heisen! – du scheinst dahin zu neigen, und ich wünsche dass er diesen Nahmen führe weil er mein ist. – Habt ihr ihm den andern gegeben, so halt ich mir aus dem nächsten den Nahmen Wolfgang zu geben, da ihr doch mehr Gevatter nehmt – und ich – wohl all eure Kinder aus der Taufe heben möchte weil sie mir all so nah sind wie ihr. – Schreibt mir gleich was geschehen ist. – Ich habe närrische Ahndungen darüber, die ich nicht sage sondern die Zeit will walten lassen.
Adieu ihr Menschen die ich so liebe (dass ich auch der träumenden Darstellung des Unglücks unsers Freundes, die Fülle meiner Liebe borge und anpassen musste) Die Parenthese bleibt versiegelt bis auf weiters.
G.