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An Philipp Seidel

[13. Januar.]

Beyliegendes Packet gib Hrn. Herder, es enthält die Iphigenie. Möge sie glücklich ankommen und meine Arbeit daran durch eine freundliche Aufnahme belohnt werden. Mir geht es sehr wohl, das schönste Wetter erlaubt von allen Stunden des Tages Gebrauch zu machen, ich habe mich fast durch Rom [124] durchgesehn, und bin an der Wiederholung, schon fängt das Gesehene an sich zu ordnen und das unendlich scheinende schließt sich in Gränzen. Indeß bleibt doch das Feld zu groß als daß man es durch solche Streifereyen recht sollte kennen lernen, es gehören Jahre es gehören Leben dazu.

Ich verfolge meinen alten Plan und suche das Gründliche was als Capital Interessen tragen muß und gewinne soviel, daß ich mein übriges Leben davon zehren kann. Wie man sagt daß einer nicht wieder froh wird der ein Gespenst gesehn hat, so mögte ich sagen, daß einer, der Italien besonders Rom recht gesehn hat, nie ganz in seinem Gemüthe unglücklich werden kann.

Es wird nun ein Brief von dir unterwegs an mich seyn. Schreibe mir von Zeit zu Zeit und nun auch wie deine Casse aussieht daß ich mich darnach richten könne. Wenn Göschen bezahlt, was du an Paulsen bezahlst pp. Die Witterungs Tabelle ist angekommen.

Ein Brief läuft gewöhnlich 16 Tage; wie du gegenwärtiges erhälst, melde mir die Ankunft mit umlaufender Post, daß ich beruhigt werde. Ich habe eine Abschrifft hier behalten.

Nun gehts an Egmont und die andern Sachen, ich will nichts in Stücken geben.

Decke den Apoll, der im Vorsale steht, mit einer Serviette zu, erst hier lernt man solch ein Besitzthum schätzen.

[125] Ich bin wohl das Wetter herrlich. Empfiehl mich hie und da. Z. E. der Gräfinn Bernstorf und Boden, dem Obermarschall, dem alten Hofmarschall und v. Klinkowström u. s. w.

Kayser in Zürch hat Partitur geschickt und zwar den ersten Ackt der Oper umgearbeitet und den Anfang des vierten, eröffne das Packet und laß beide Ackte durch Ambrosius sorgfältig in Stimmen ausschreiben. Eben so verfahre mit dem zweiten Ackt wenn ihn Kayser schickt. Die erste Abschrifft der Stimmen, die wir machen ließen wird dadurch unbrauchbar. Es ist aber eine Kleinigkeit gegen den Gewinn an Kunst, den der Componist bey dieser Umarbeitung gemacht. Sollte noch nicht la Grotta di Trofonio in Partitur von Wien gekommen sein. Ist sie es, so laß sie an Kayser abgehn.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Philipp Seidel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8857-5