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An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Die vier Wochen, die ich mich in Töplitz aufhielt, war ich Ew. Excellenz näher als vorher, denn Serenissimus theilten mir die Depeschen aus Weimar mit, woran mir das Erfreulichste war, daß Ew. Excellenz Sich wieder von dem Übel erholt hatten, durch welches Sie uns kurz vorher so bange gemacht. Möchte doch die Sommer- und Herbstzeit Raum und Ruhe verleihen, daß Sie Sich auf den Winter genugsam vorbereiteten und stärkten.

[61] Was mich betrifft, so fing sich mein hiesiger Aufenthalt ganz gut an, so daß er mir körperlich und geistig gar manchen Nutzen gebracht; dann trat aber mein altes Übel mit solcher Gewalt unversehens hervor, daß ich mehr als billig ist gelitten habe. Ich brachte vierzehn Tage zu, mich einigermaßen zu erholen, in welcher Zeit die ersehnten majestätischen Erscheinungen wie ein Traum bey mir vorübergingen. Glücklicher Weise war ich indessen so weit wieder hergestellt, um sogleich abreisen zu können, als Serenissimus die Gnade hatten, mich nach Töplitz zu berufen. Dort ist mir mehr Glück und Gutes widerfahren als ich verdiene, und welches ganz überschwänglich gewesen wäre, wenn mich nicht die Sorge, meine Kräfte möchten nicht hinreichen es auszutragen, oft mitten im Genuß an die menschliche Beschränktheit erinnert hätte. Der Geh. Secretär Vogel wird manches referiren können, indem die anmuthigsten Ereignisse unter freyem Himmel vorgefallen sind und von manchen Augen bemerkt werden können.

Wahrscheinlich erhalten Ew. Excellenz diesen Brief nach Ankunft Serenissimi in Weimar und werden aus höchsteignem Munde viel Gutes vernehmen. Die Gesundheit des theueren Fürsten hat sich diese Wochen her, bey manchen Zumuthungen sehr gut gehalten und das Gemüth konnte nicht anders als in der heitersten Stimmung seyn, da diesem trefflichen Fürsten wirklich einmal eine Auszeichnung zu Theil ward, wie er sie [62] immer verdient, und das bey der ungenirtesten, seiner Denk- und Handelsweise angemessensten Lebensart.

Nun befinde ich mich wieder hier in dem stillen und immer stiller werdender Carlsbad. Sowohl Ambrosi und Töplitz als Mitterbacher hier haben mir Ruhe und Nachcur empfohlen und ich hoffe mit dem gnädigsten Urlaub noch die erste Hälfte Septembers hier zu verweilen.

Mögen Ew. Excellenz am 3. September meiner vor unserem theueren Fürsten glückwünschend gedenken, so werden Sie mich dadurch auf das Höchste verpflichten.

Habe ich recht verstanden, so wird bis dahin das große Orgelwerk fertig und es wird recht schön seyn, wenn zu so vielen Menschenstimmen auch noch so manche künstliche zum Preise dieses Tags vereinigt wird. Es soll mich freuen das Werk vollendet und durch die sinnreiche Inschrift geziert zu finden.

Unser guter Erbprinz war bey seiner Ankunft sehr vergnügt und es ist recht schön, daß in Weimar nun mehr noch ein Zeuge mehr von den unschätzbaren Eigenschaften der vortrefflichen Kaiserinn auftreten kann.

Ew. Excellenz haben meinem Sohne nach Eisenach zu gehen vergönnt, ich wünsche daß er durch die Benutzung dieser kleinen Reise so wie auch durch seine ersten bisherigen Geschäftsschritte sich Ihnen möge empfohlen haben. Ich bitte seiner wie meiner stets mit Neigung gedenken.

[63] Und nun bleibt mir nichts hinzufügen übrig, als der Wunsch Ew. Excellenz und die theueren Ihrigen, denen ich mich bestens zu empfehlen bitte, wohl und froh wieder aufzutreffen.

Carlsbad d. 14. August. 1812.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-889E-5