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An Johann Christian Kestner

[Wetzlar, 6. September 1772.]

Ich habe gestern den ganzen Nachmittag gemurrt dass Lotte nicht nach Atspach gangen ist, und heute früh hab ichs fortgesetzt. Der Morgen ist so herrlich und meine Seele so ruhig, daß ich nicht in der Stadt bleiben kann, ich will nach Garbenheim gehn. Lotte[20] sagte gestern, sie wollte heute etwas weiter als gewöhnlich spazieren – Nicht dass ich euch draussen erwarte, – aber wünsche? Von ganzem Herzen und hoffe – zwar etwas weniger, doch just so viel dass es die Ungewißheit des Wunsches so halb und halb balanzirt. In der Ungewissheit denn will ich meinen Tag zubringen, und hoffen und hoffen. Und wenn ich den Abend allein hereingehn muß – so wissen Sie wies einem Weisen geziemt – und wie weise ich binn.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1772. An Johann Christian Kestner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-88A8-D