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An Charlotte von Stein

Dornburg d. 2. März. Wenn ich an ein Ort komme wo ich mit Ihnen gewesen bin, oder wo ich weis dass Sie waren, ist mir's immer viel lieber. Heut hab ich im Paradiese an Sie gedacht, dass Sie drinn herumgingen eh Sie mich kannten. Es ist mir fast unangenehm dass eine Zeit war wo Sie mich nicht kannten, und nicht liebten. Wenn ich wieder auf die Erde komme will ich die Götter bitten dass ich nur einmal liebe, und wenn Sie nicht so feind dieser Welt wären, wollt ich um Sie bitten zu dieser lieben Gefährtinn. Noch etwas hätten Sie mir mit geben können, einen Talisman mehr, denn ich habe wohl allerley und doch nicht genug. Wenn Sie ein Misel wären hätt ich Sie gebeten das Westgen erst einmal eine Nacht anzuziehn und es so zu transsubstantiiren, wie Sie aber eine weise Frau sind muss ich mit dem Calvinischen Sakrament vorlieb nehmen.

Knebeln können Sie sagen dass das Stück sich formt, und Glieder kriegt. Morgen hab ich die Auslesung, dann will ich mich in das neue Schloss [13] sperren und einige Tage an meinen Figuren posseln. Am 5ten treff ich in Apolda ein, da verlang ich aber einen Boten von Ihnen zu finden, und viel geschriebnes, und sonst allerley Sachen.

Jetzt leb ich mit den Menschen dieser Welt, und esse und trincke spase auch wohl mit ihnen, spüre sie aber kaum, denn mein inneres Leben geht unverrücklich seinen Gang.

Indem ich das Blat umwende bedenck ich dass ich Ihnen diesen Brief gleich schicken, und morgen um diese Zeit schon Antwort von Ihnen haben kan. Wenn sie einigermassen können schreiben Sie mir Biel. Grüsen Sie den Herzog. Adieu Liebste. Schreiben Sie mir dass Sie wohl sind. Adieu.

Abends halb neune.

G.


Nach Apolda erwart ich eben auch einen Brief von Ihnen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-88CF-8