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An Christian Gottfried Körner

Vor meiner Abreise muß ich Ihnen noch ein Wort sagen und für die gütige Versorgung meiner kleinen Aufträge danken. Bin ich Ihnen etwas dafür schuldig, haben Sie ja die Güte Ihre Auslagen Schillern zuzurechnen.

Ich freue mich, daß Sie die Humboldtischen Gebrüder haben kennen lernen: sie geben eine Idee von Thätigkeiten und Talenten, die sehr ergötzend und aufmunternd ist.

Freund Meyer ist in der Schweiz und ich gehe ihn zu besuchen. Was weiter aus uns werden wird, weiß ich nicht. Leben Sie indessen recht vergnügt und lassen sich mein idyllisch-episches Gedicht gefallen.

[198] Leider ist auch dieses wie die meisten meiner Sachen beinah' nur aus dem Stegreife; meine Tage rollen sich gar zu geschwinde auf, und ich möchte mir die Ehre anthun, mich mit der Leier des Orpheus zu vergleichen, die nur noch zufällige Töne von sich giebt, indem sie von den Wellen eilig dem großen Meere zugeschaukelt wird.

Sie haben durch Schillern erfahren, daß wir uns jetzt im Balladenwesen und Unwesen herumtreiben. Die seinigen sind ihm, wie Sie schon wissen, sehr geglückt; ich wünsche, daß die meinigen einigermaßen darneben stehen dürfen: er ist zu dieser Dichtart in jedem Sinne mehr berufen, als ich.

Was mir diese Reise nehmen und geben wird, muß ich nun abwarten; ich kenne mich hierüber und weiß, daß alles was von außen an mich gelangt sehr späte Früchte bringt.

Leben Sie recht wohl in Ihrem schönen und glücklichen Zustand; erhalten Sie mir Ihren Antheil, grüßen Sie mir Ihre Frauenzimmer und gedenken manchmal meiner in Ihrem Kreise.

Weimar am 20. Juli 1797.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Christian Gottfried Körner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-890C-7