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An Carl Franz Anton von Schreibers

Ew. Hochwohlgeboren

darf mit wahrer Zufriedenheit vermelden, daß ich den 29. vorigen Monats in Carlsbad eingetroffen und mich von den zeitherigen Curtagen schon sehr zu einem besseren Befinden gefördert fühle. Ich hatte vorher Marienbad besucht, eine Anstalt, welche allen denen, die dazu mitwirken, Ehre macht. Nun verfehle nicht, als ein zeitiger Staatsbürger der Monarchie, Hochdieselben auf's freundlichste zu begrüßen, um mir fernere gefällige Theilnahme zu erbitten. Ew. Hochwohlgeboren botanische Sendung an Gegenständen und Beziehungen ist indessen in Weimar glücklich angelangt und von meinem beauftragten Sohne sogleich Serenissimo zu höchstem Wohlgefallen übergeben worden.

Das mir und allen Naturfreunden so werthe Heft, die brasilianische Expedition betreffend, ist nicht etwa unbeachtet geblieben, eine Anzeige davon in der A. L. Z. [24] konnte nicht abwarten, der Redakteur jedoch wird sich es zur Pflicht rechnen, sie ungesäumt zu übersenden.

Darf ich nun, wie gewöhnlich, noch eine Bitte hinzufügen, so wäre es folgende: Im Pilsner Kreise, zwischen Cerhowitz und Radniz, auf einer Herrschaft des Herrn Grafen Sternberg, hat sich ein merkwürdiger verkohlter Urwald gefunden, es sey von Palmen, colossalen Farnkräutern oder gar Casuarinen, wovon Hochdenselben gewiß schon das Nähere bekannt ist. Der freundliche Doktor Heidler in Marienbad versprach mir davon zu verschaffen; allein ich bin überzeugt, daß ein Vorschreiben von Ew. Hochwohlgeboren an dortige Behörden wohl am ersten bewirken müsse, daß mir einige instructive Stücke nach Weimar gesendet würden. Allenfalls mit der fahrenden Post unter meiner Addresse. Ich nehme mir um desto eher die Freyheit zu dieser Bitte, als die Nachricht von diesem Naturphänomen meinen gnädigsten Herrn gar sehr interessiert, so daß Höchstdieselben, halb scherz- halb ernsthaft, bey'm Abschiede mich aufmunterten: da ich doch einmal so nahe sey, noch vollends hinzugehen, um gründlichen Rapport abzustatten; welches denn freylich mit meinem Alter und Befinden nicht vereinbar gewesen. Vor meiner Abreise nehme mir die Freyheit ein Kistchen Mineralien zu übersenden, welche diese Tage gewonnen. Gegen Schlackenwerth zu hat der Chausseebau einen Hügel aufgeschlossen, wo sich schöne und mannichfaltige pseudovulkanische Producte sammeln [25] ließen. Auch sprengen die Carlsbader, ihren Neben- und Hinterhäusern Raum zu gewinnen, manche Felsen. Hiebey wird jene merkwürdige Granitabweichung, welche verschiedene Arten des Hornsteins enthält, woraus der ganze Schloßberg, nicht weniger der Bernhardfelsen besteht, wieder frisch aufgeschlossen und bietet schöne Stufen dar. Vor dem 27. dieses würde mich ein freundliches Wort von Ihrer Seite hier antreffen und höchlich erfreuen.

gehorsamst

Carlsbad d. 10. May 1920.

J. W. v. Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Carl Franz Anton von Schreibers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8914-4