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An Georg Sartorius

[Concept.]

Ihre werthe Sendung, mein Theuerster, hat mir viel Freude gemacht; glücklich kam sie zu guter Zeit, als man wieder zu athmen wagte: denn vom 11. Februar an, wo sich meine schwere Krankheit ankündigte, bis zum 11. May, da wir den frohsten Tag begingen, die Genesung unserer herrlichen Fürstin zu feyern, indessen gerade in jener Epoche auch unser Großherzog von Zeit zu Zeit krankhaft bedroht war, hatte ich eine Reihe von körperlichen und geistigen Leiden zu erdulden, die kaum zu übertragen schienen; ich fand mich so gedrängt und gedrückt als je, mein, ganzer Antheil war durch das Nächste verschlungen.

Nun da ich wieder freyer umherblicke, erquickt mich höchlich manch herzlicher Gruß aus der Ferne, den [51] ich durch stille Thätigkeit in der Folge zu erwidern hoffe.

Und so wäre auch Sie, mein Theuerster, nach jener Epoche freundlichst willkommen gewesen, obgleich eine reine Heiterkeit nicht so schnell zurückkehrte.

Nun dient Ihr höchst bedeutendes und so sorgfältig ausgearbeitetes Werk uns die Abende zur besten Unterhaltung. Wir fragen den benannten groben Reichen meistens von Anfang des vorigen Jahrhunderts an sorgfältig nach, und so rücken wir nach und nach an das Erlebte und sehen uns synchronistisch neben manchem wunderlichen Ereigniß ganz im Stillen einhergehen; hiedurch sind wir Zeugen der allgemeinsten Ereignisse, da wir früher die Welt nur im Besondern erregt sahen. Einzelne Familienzwiste verwirrten die Welt, jetzt nöthigt die verwirrte Welt zu Versuchen, sie wieder auf den alten Fuß zu stellen.

Lassen Sie uns nach wie vor in guter theilnehmender Neigung verbleiben und wenigstens von Zeit zu Zeit einen Lebenswink unmittelbar wechseln.

Jedermann erzählt mir von Ihrer schönen Wohnung ist sie denn auch vor Hunden und Nachwächtern sicher? Erschrecken Sie nicht! Sieht doch diese Frage beynahe wie eine Anmeldung aus. Hofrath Meyer grüßt zum allerschönsten. Möge Ihnen und den theuren Ihrigen alles Gute zugedacht seyn.

Weimar den 25. May 1823.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Georg Sartorius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-896F-7