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An Johann Friedrich Cotta

Ich bin Ihnen so lange auf manches, werthester Herr Cotta, Antwort schuldig daß Ihre letzte Sendung des Damenkalenders mich beschämt. Ich will einen Brief nicht länger zurückhalten, ob ich gleich die Ihrigen hier in Jena nicht bey mir habe und in Gefahr bin irgend einen Punct aus Vergessenheit zu übergehen.

Philiberts Botanik sowie der Didotische Virgil sind angekommen. Da beyde für fürstl. Bibliothek bestimmt sind, so kann ich letzten nicht als ein Geschenk annehmen, um so weniger als ich Ihnen noch für so manches andere verbunden bin. Haben Sie die Gefälligkeit mir den Preis desselben zu melden und wir können alsdann auf beyde Werke abrechnen.

Nur bitte ich um eine Gefälligkeit daß Sie sich erkundigen wie viel Kupfer das Exemplar haben muß? Denn es sind nicht Kupfer zu allen Eklogen. Ich bin zwar überzeugt daß das Exemplar complet ist, es wäre nur zur Beruhigung eines Bibliothekarii.

[106] Die Einrichtung des Damenkalenders scheint mir sehr günstig. Sie haben vorn herein nächst der Lucretia, die hübschen Paare, das Ring anstecken, Brüstlein betasten, lüsternes Agaciren, und besonders das Kind in der Wiege, lauter Gegenstände woran sich tugendhafte Gemüther, in Ehren, so gern ergötzen, glücklich zusammengestellt, so daß man der Mitte wohl die Carrikaturen, mit Dialog untermischt, verzeihen kann.

Wenn es mir einigermaßen möglich ist so sollen Sie zu dem nächsten Jahre irgend etwas anmuthiges von mir erhalten.

Die diesjährige Concurrenz zu Auflösung der Aufgaben war ansehnlich und hätte verdient vor einem größern Publikum als das weimarische ist, aufgestellt zu werden. Es sind zusammen 27 Stück, 2/3 Hector, 1/3 Rhesus. Die Ankündigung und Beurtheilung derselben in den Propyläen wird mit aller Sorgfalt gemacht werden, und uns hoffentlich aufs nächste Jahr wieder neue Freunde und Concurrenten erwecken. Die Betrachtungen über diese Sammlung geben sowohl unserm engen Kreise als auch nachher dem Publiko eine sehr angenehme und lehrreiche Unterhaltung. Nächstens sende ich eine Anzeige für die allgemeine Zeitung.

Ihre freundliche Einladung ist freylich reizend genug; aber ich werde mich wohl einige Jahre vor allem hüten müssen, was mich so sehr zerstreuen kann, [107] wenn ich mit den Paar Arbeiten fertig werden will, die mir nun fast wie lästige Gespenster erscheinen, es ist der Faust und die Farbenlehre, an beyden ist so viel vorgearbeitet daß ich nur Zeit zusammen geizen muß um sie los zu werden.

Was die Propyläen betrifft, so soll die Bestimmung des Honorars fürs gegenwärtige Stück ganz von Ihnen abhängen. Wir wollen sodann wieder ein andres zu bringen suchen und auch darüber, seiner Zeit, einig werden.

Leben Sie recht wohl und gedencken mein.

Jena d. 16. Sept. 1800.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1800. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8980-E