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An Georg Heinrich Roehden

Ew. Wohlgeboren

empfangen geneigtest die Erwiderung Weimarischer Kunstfreunde auf das schöne Denkmal, welches Sie Ihrem hiesigen Aufenthalt gewidmet. Sie werden daraus ersehen, daß alles noch glücklicher Weise bey'm Alten ist, sowohl dem Zustand als der Gesinnung nach.

Das nächste Heft wird wohl auch in einigen Monaten aufwarten, es enthält eine Auslegung des Triumphzugs des Mantegna, wobey Ihrer geneigten Theilnahme dankbarlichst gedacht ist. Ich werde drey[279] Anfragen hinzufügen, wenn Sie nicht bequeme Gelegenheit haben sollten sie vorläufig zu beantworten; ich setze sie hierher.

1) Wie sind wohl die Bilder nach England gekommen und zu welcher Zeit?

2) In dem Bilde, wo die Gefangenen vorbey geführt werden, strebt ein Knabe, der bisher zu Fuße gegangen, zu der Mutter auf, mehr läßt der Holzschnitt nicht bemerken; Vasari aber rühmt gerade diese Stelle als höchst naiv: das Kind hat sich einen Dorn in den Fuß getreten und zeigt dieses Unglück der Mutter vor. Läßt sich dieser Umstand im Bilde deutlich erkennen?

3) Eben gedachte Frau trägt auf dem rechten Arm ein Wickelkind, dieses ist aber so wunderlich angebracht, daß es eben auch der dahinter stehenden, ganz jungen, bekränzten Braut angehören kann; wie verhält es sich damit? Entscheidet vielleicht die Localtinte die Zweydeutigkeit?

Verzeihung! da es aber mit dem Abdruck gedachten Aufsatzes sich vielleicht noch ein Vierteljahr verziehen möchte, so würde derselbe durch eine gefällige Beantwortung gedachter Fragen eine höchst erfreuliche Vollständigkeit erhalten.

Mich zu Wohlwollendem freundschaftlichen Andenken zum Schlusse auf's allerbeste empfehlend.

treulichst

Weimar den 9. März 1822.

J. W. v. Goethe. [280]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An Georg Heinrich Roehden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-89AB-0