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An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[19. July 1816.]

P. P.

Sie Sonne Ew. Königl. Hoheit Gnade und Gunst war von jeher das Lebensprinzip meines Daseyns, und wie tröstlich erscheint sie mir nun, da sie auf den dunkeln Grund meines Zustandes die heitersten Farben des Wohlwollens geneigtest ausdrückt.

[109] Verzeihen Ew. Hoheit diesen orientalischen Anfang! Das mitgetheilte Blatt erregte solche Bilder, aber unmittelbar aus der Tiefe des reinen Gefühls. Seltsam erscheint freylich der Styl des prosaischen Canzleyverwandten. Es sind dieselben Bilder, die man im Orient schon über tausend Jahre braucht, die in der Reihe der Zeiten sich selbst überbietend, endlich zu Schwulst aufgelaufen und zu Phrasen geworden, nothwendig ein Lächeln erregen. Doch läßt sich nicht leugnen, daß im Gange und am Schlusse des Schreibens, etwas freundlich Naives die Oberhand behält. Das Original, nach zurückbehaltener Copie, lege schuldigst wieder bey, mit Bitte meinen verpflichteten Dank dafür vorläufig gelegentlich gefälligst abzustatten.

Bey der, auch in diesen Gegenden höchst unerfreulichen, lästigen und schädlichen Witterung bin ich in Gedanken kaum von Ew. Hoheit Seite gewichen, bedauernd, daß der sonst so angenehme Aufenthalt dießmal das ländliche Vergnügen so wenig begünstigt.

Daß der verehrteste Fürst sich in Wiesbaden wohlbefindet, gereicht allen seinen Treuen zum höchsten Trost. Mit der Geselligkeit scheint derselbe, wie man mir aus Briefen versichern wollte, nicht eben so zufrieden zu seyn.

Nächsten Sonnabend gedenke nach Baden am Rhein abzugehen. Cotta's wiederholte dringende Einladung war kaum abzulehnen, und den Gebrüdern Boisserée [110] leuchten so glückliche Sterne, daß ich mich nicht enthalten kann in die Constellation mit einzutreten. Meinen Weg werde über Würzburg nehmen, um das uneinige Frankfurt in diesem Augenblick nicht zu berühren. Höchst wünschenswerth wär es mir gewesen ew. Hoheit auf dieser Reise aufwarten zu dürfen. Habe ich das Glück Ihro Höchsten Anverwandten mich vorzustellen, so darf ich mich wohl Ew. Hoheit Huld und Gnade rühmen.

unterthänigst.

Weimar d. 17. July 1816.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An die Großherzogin Louise. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8A92-D