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An Christoph Martin Wieland

Rom d. 17. Nov.

Ich muß dir doch auch ein Wort sagen aus der Stadt wo du so oft im Geiste spazirst und wo ich dich auch dem Leibe nach recht bequem und zur guten Stunde herumführen möchte. Ich setze die beyden unterstrichenen Bedingungen, denn ich fürchte du möchtest sonst gelegentlich mit Hrn. Archenholz Chorus machen.

Mir geht es sehr gut, davon ich mancherley werde zu erzählen haben. Laß dir indeß von Fr. v. Stein einiges erzählen und freue dich in meine Seele.

Die Übersetzung deiner Satyren lese ich hier mit dem größten Vergnügen, Abends wenn wir von unserm Lauf zurückkommen. Ich habe schon viel gesehen, meine Augen sind selbst gut ausgewischt und ich habe gute, trefliche Begleiter.

Von einem derselben ist meine Absicht dich heute zu unterhalten. Du kennst ihn schon gewißermassen, er hat dir einige Stücke durch Mercken für den Merkur geschickt, von welchen er kaum weiß ob sie gedruckt und wie sie aufgenommen worden. Er heißtHirt und ich will dich mit wenigen Worten mit ihm bekannt machen.

Er ist in Werden, ein trockner, treuer fleißiger Deutscher, der schon recht schöne historische Kenntniße von Rom und von der Kunst hat und seinen Geschmack im Umgange mit Verständigen bildet. In wenigen [60] Jahren wird er sich zu einem vorzüglichen Cicerone qualificiren und schon jetzt werd ich ihn denen, die mich befragen empfehlen, wenn ihnen an einem soliden Unterricht gelegen ist.

Dieser gute Mann muß nun aber auch auf ein Fundament seiner Existenz dencken, er wünschte ein Journal als Beytrag zur Kunst und der Kenntniß von Rom herauszugeben, hat auch schon aus Deutschland leidliche Bedingungen.

Ich dachte aber ob das nicht eine Acquisition für dich wäre. Er kann sich und wird sich am liebsten auf eine Bogenzahl, auf ein gewißes fürs Jahr, gegen ein Gewißes engagiren. Doch versteht sich daß man erst versuche und sich verstehe.

Er würde 1.) Supplemente zum Fache des Alterthums liefern. Von neuen Entdeckungen, neuen, beßern Erklärungen, Restaurationen Veränderungen mit allen Kunstwercken, wenn sie auswärts verkauft oder sonst transportirt werden. 2) Zum Nutzen der Fremden die als Kunstliebhaber Rom besuchen, manches mittheilen. 3. Vom Kunsthandel und was man an Originalien, Abgüßen, Copien, andern Nachbildungen haben kann, was und um welchen Preis. 4. Von Akademien, Museis, Gallerien, Kabinetten und kleineren Kunstsammlungen. 5. Von Wercken lebender Künstler die theils in Rom seßhaft sind theils sich daselbst eine Zeitlang aufhalten, in allen Theilen der Kunst. 6. Von Kunstjournalen und andern Schriften [61] die Kunst betreffend mit einem langen pp. Auch über neuere Italiänische Litteratur überhaupt. Dies wäre fürs erste genug gesagt.

Kannst du so einen Beytrag wie vorsteht für den Merkur brauchen und dagegen dem guten Manne mit blanckem Golde helfen, so will ich gern das meine dazu thun daß beyden Theilen geholfen werde. Ich bin nun selbst hier, lerne Rom kennen, wie ich Deutschland kenne und wünschte daß dieß ein Anlaß würde etwas Gutes zu beginnen. Nach meinem Wunsch sollte alsdann dieser Theil des Merkurs für diejenigen die nach Italien gehen, für die die daher kommen und für andre, die es nie sehn, mehr oder weniger interessant werden, man müßte aber eine gewiße Folge und Vollständigkeit der Sache geben. Weiß ich nur erst deinen Willen und daß du magst; so will ich schon das meine thun und theils hier schon einen klugen Plan mit Hirten abreden, theils wenn ich zurückkomme gern die Sachen durchsehn, die mich immer interessiren werden. Aller Anfang ist schwer, der gute Hirt ist im Anfange, in einigen Jahren kann sein Schicksal gemacht seyn, gern wünscht ich einem Landsmann der sich redlich in der Fremde nähren will zu helfen.

Kaum bleibt mir ein Plaz fürs Lebe wohl. Wer nicht weiß wo ich bin dem sag es nicht.

G.

Frau v. Stein hat meine Adresse.
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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1786 [2]. An Christoph Martin Wieland. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8B13-0