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An Ottilie von Goethe

Da ich vermuthen darf daß meine Tochter etwas mehr Wirkung in die Ferne ausüben wird als mein lieber Sohn, ferner, daß gewisse Ausrichtungen ihrer stillen Häuslichkeit mehr anzuvertrauen sind als dem hochgeschäftigen Staatsdiener; so sende beyliegendes Blättchen, worauf sich verschiedene Wünsche verzeichnet finden.

Sodann möchte ich eine Skizze der Begebenheiten und Abenteuer des 18. und 19. dieses gar angenehm seyn, wenn sie, von Dame Ottiliens Feder, zu dem einsamen obgleich von der Sonne schön besuchten Garten gelangte.

Wogegen kürzlich erzähle, daß ich bey meiner Ankunft, Abends, den Schönebunds-Tag, mit einem Freunde, bey anbrechender Nacht, vom Paradies zur Schneidermühle hinübersetzte, das auf der Landveste, in der langen schönen Linden-Allee, aufgetischte und erleuchte Commerce erst aus der Ferne beschaute, sowie dem Gesang zuhörte, sodann aber, über die Brücke zurückkehrend, diese jugendlich-patriotischen Freuden in der Nähe unmittelbar mitgenoß.

[137] Der 19. war ganz dem Setzer und Buchdrucker gewidmet, deshalb nicht viel davon zu melden ist, so wie vom 20. welcher ebenfalls in der Stille zugebracht wurde, damit Welt und Nachwelt desto größern Lärm davon habe.

Und so lebt denn wohl für dießmal und laßt mich erfahren daß und wie ihr lebt.

An Bertram wird fort übersetzt, es geht aber sehr langsam, denn, wie man sich auch stelle, wird man entweder übertrieben oder flach. Indessen läßt sich nicht leugnen daß das Original sich in einer löblichen genießbaren Mitte hält, und daß eine poetische Ader durch die ganze Fratze durchgeht.

Von Peter Pindar schickt ich auch wohl ein Bändchen, hoffe aber wenig Beyfall, der Kerl ist aber jetzt über 70 Jahr alt und gehört nicht allein einem andern Land sondern auch einer andern Zeit an.

Jena d. 20. 1817.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Ottilie von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8B1B-F