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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst aufzuwarten ergreife mit Freude jede Gelegenheit.

1. Sollte beykommendes Buch Höchstdenenselben noch nicht zu Augen gekommen seyn, so wird es gewiß unterhalten. Den Mann selbst haben wir, in seiner besten Zeit, bey Lavater oder Geßner getroffen, er gehörte unter die damals Aufmerksamkeit erregenden, genialisch praktischen Sonderlinge. Der Verfasser dieser Schrift ist der gegenwärtige Besitzer des Beckenhofs, eines hübschen Gütchens unter Zürch an der Limmat. Dort nöthigte uns ein Übelsein Lavaters auszusteigen und einzukehren, und dieser David Heß weiß von seiner Kindheit her sich manches Freundliche jenes Augenblicks zu erinnern.

[102] 2. Auch bey gegenwärtiger Tafel vermißt man noch den entschiedenen Abstand der Farben. Den hallischen Beobachter hat man deshalb gebeten, künftig ein helleres Blau anzuwenden. Mit Zahlen und Zeichen, Linien und Maaßen wird man immer eher fertig als mit Farben, über welche der Sinn sich schwerer aufschließt; indessen wird sich, mit einiger Geduld, auch hier das Ziel endlich erreichen lassen.

3. Der übersendete Stein ist allerdings ein Halbopal, welcher zu den Kopenhagnern sich gar freundlich gesellt. Das tigrirte Ansehen ist merkwürdig, auch hat er, an den völlig durchscheinenden Stellen, die Eigenschaft der trüben Mittel. Wenn Ew. Hoheit beykommendes, in schwarz und weiß getheiltes Papier an's Licht halten, den Stein aber über demselben etwa zwey bis drey Zoll hoch, so erscheinen die klaren Stellen gelb, über dem schwarzen Papier aber blau.

Am merkwürdigsten jedoch ist die Erscheinung wenn man ihn gegen den grauen Himmel hält und von unten aufsieht, da denn auch die weniger durchscheinenden Stellen farbig werden, und das schönste Purpur sich sehen läßt.

Ich halte es daher, sowohl an und für sich, als in Bezug auf die Kopenhagner Sendung für eine wünschenswerthe Acquisition, auch scheint er mir mit dem Weltauge in Verwandtschaft zu stehen und möchte vielleicht in Wasser getaucht noch durchscheinender [103] werden; zu welchem Experiment ich aber nicht gerade rathen will, weil solche Körper austrocknend leicht Risse bekommen.

Mich zu fortdauernden Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 15. Januar 1821.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8B1F-7