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An Christiane von Goethe

Da euer lieber Brief vom 31. August zu rechter Zeit angelangt ist, so hoffe ich, der gegenwärtige soll auch einige Tage vor mir ankommen.

Die Nachrichten von dem gnädigen und freundlichen Empfang, den du erfahren, so wie die mehrere Nachfrage nach mir, machen mir nun auch Lust und Muth, wieder zurückzukehren. Carlsbad ist nun wirklich wie ausgestorben, alle fremde Läden sind zu, und selbst die von Carlsbadern besetzten kleinen Boutiquen werden nach und nach geschlossen. Alle Tage geht von den letzten einer fort und es bleiben nur wenige Nordländer, die wegen ihres gemeinschaftlichen Interesses im Stillen zusammen halten. Das Wetter hingegen ist seit einigen Tagen so angenehm als man sichs wünschen kann. Besonders weil der Sommer so feucht war, sind alle Bäume noch über die Maaßen grün, die Kastanien, Acazien, Pappeln zeichnen sich vorzüglich aus.

Sollte es etwa jemand interessiren, so kannst du erzählen, daß es in Töplitz sehr brillant hergeht, daß sehr viele Feste gegeben werden, sowohl durch die Prinzen als den König selbst, der sich sehr aufgeheitert haben soll, und dieses soll noch bis in die Hälfte des Septembers währen.

Indessen wird es an eurem Vogelschießen auch[90] nicht an guten Tagen gefehlt haben, und nun, da gar das Schauspiel wieder zurück ist, so sind wohl alle Wünsche vorläufig erfüllt. Grüße mir die Mitglieder, die sich bey dir präsentiren, und horche, ob sie nicht etwa selbst Vorschläge zu neuen Stücken mitbringen: Denn mir ist sehr wenig Brauchbares vorgekommen. Bemerke übrigens, wie die Verhältnisse stehen, damit ich mich bey meiner Ankunft gleich darnach richten kann.

Von uns kann ich noch hinzufügen, daß wir in voriger Woche zwey sehr große Promenaden mit dem alten Müller gemacht haben, eine vier- und eine sechsstündige. Dabey sind viele Steine geklopft und nach Hause geschleppt worden; wie sich denn überhaupt, zu Müllers großer Freude, noch zuletzt mehrere Personen für diese Dinge interessirt und von seinen Collectionen gekauft haben. Übrigens wird ein wenig gezeichnet, viel geschrieben und abgeschrieben, so daß wir auch von dieser Seite ziemlich beruhigt nach Hause gehen werden.

Weiter wüßte ich nun nichts hinzufügen, als daß ich dich ersuche überall viel Empfehlungen auszurichten und meiner in Liebe zu gedenken, bis ich selbst wieder erscheine. Auf die Pisangblüthen freue ich mich; ich erinnere mich zwar derselben noch von Alters her, aber nicht ganz deutlich. Zur Ordnung im Haus gratulire, so wie zu der reichlichen Kartoffelerndte.

Carlsbad den 7. September 1812.

G.


[91] NB. Es wäre sehr schön, wenn ihr euch nach Krebsen umthätet, diese habe ich den ganzen Sommer entbehrt, und möchte nun noch zuletzt, ehe die R. gar zu sehr über Hand nehmen, einmal eine Schüssel vor mir sehen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8B39-B