49/107.
An Friedrich Theodor von Müller
Ew. Hochwohlgeboren
muß mit Bedauern vermelden daß mir noch kein kleines Verslein für die vortreffliche Dame gelungen ist. Ihre Persönlichkeit, ihr Betragen so wie ihre Verhältnisse und Schicksale sind so mannigfaltig, lieb-und ehrenwürdig, daß sie allen poetischen Bereich überschreiten und sich durchaus nicht dichterisch epitomisiren lassen. Die Rhetorik mit aller ihrer Phraseologie kommt auch hier nicht zu Hülfe. Mir ist indessen ein Gedanke beygegangen: setzen Sie mir ein paar artige schickliche Worte freundliche zusammen, welches Ihnen, in nähern Bezügen, nicht schwer werden wird, ich will sie abschreiben und Ihren Namen, wie man in Albums sonst zu thun pflegt, als Autor anführen. Das ist noch leicht geschehen und gibt einen nicht unschicklicher Scherz.
[143] Das köstliche Schreiben unsres Freundes kommt hier dankbar zurück. Ihren mittheilenden Gesinnungen muß ich ja auch wohl die Verbreitung des Gedichts nachsehen, da es mir ja zu Ehre und Freude gereicht, wenn jene dort symbolisch angedeutete, folgerechten Zustände von denkenden Männern gebilligt werden.
Für die Peau de Chagrin ist das blasé zu mäßig. Das Product eines ganz vorzüglichen Geistes deutet auf ein nicht zu heilendes Grundverderbniß der Nation, welches immer tiefer um sich greifen wird, wenn nicht die Departaments, die jetzt nicht lesen und schreiben können, sie dereinst wieder herstellen, insofern es möglich wäre.
Alles Heitere und Gute zu diesen trüben Tagen.
Weimar den 17. November 1831.
G.