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An Johann Friedrich Krafft

Wenn Sie meinen letzten Brief nochmals unbefangen ansehen wollen, so werden Sie deutlich sehen können, daß Sie ihn falsch gedeutet haben. Sie sind weder in meiner Achtung gesunken noch hab ich einen schlechten Begriff von Ihnen, noch habe ich die gute Meinung fahren lassen, noch hat Ihre Denkungsart in meinen Augen einen Flecken bekommen; dies sind alles übertriebene Ausdrücke, die sich ein gesetzter Mann gar nicht erlauben sollte. Indem ich auchfreimüthig meine Gedanken sage, indem ich einige Züge Ihrer Denk- und Handelsart anders wünsche, heißt das gleich Sie für einen schlechten Menschen halten und das bisherige Verhältniß aufheben.

Eben diese hypochondrische allzuweiche und gleich aus dem Maas schreitende Sinnesart, die Ihnen den letzten Brief wieder eingegeben, ist's, die ich tadle und bedaure. Ist's schicklich, daß Sie mir sagen: ich soll befehlen, in was für einem Ton Ihre Briefe künftig sein sollen. Befiehlt man das einem ehrlichen und verständigen Manne? Ist's artig, [50] daß Sie mir bei dieser Gelegenheit unterstreichen, daß Sie mein Brod essen? Ist's einem moralischen Menschen anständig, wenn man ganz leise etwas an ihm tadelt oder ihn von einer Seite krank nennt, gleich oben aus zu sein oder zu thun, als wenn ihm das Haus über dem Kopf einfiele.

Verdenken können Sie mir doch nicht, wenn ich Sie mit dem, freilich Wenigen, was ich für Sie thun kann, auch vergnügt und zufrieden wüßte.

Es bleibt also, wenn Sie wollen, beim alten; ich wenigstens werde in meinem Betragen gegen Sie nichts ändern.

Was den Plan betrifft, den der Amtmann in der Steuersache einzuschicken hat, so mag er ihn aufrichtig, doch mit der für seine Lage nöthigen Vorsicht abfassen. Besonders wegen des Zukünftigen ganz bestimmte und auslangende Vorschläge thun, das Übrige wird sich finden.

W. d. 11. Febr. 81.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1781. An Johann Friedrich Krafft. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8B9E-B