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An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe kaum für das überschickte treffliche Werk meinem verbindlichsten Dank zu sagen, als eine höchst interessante Sendung des Herrn Grafen Caspar von Sternberg mir neue Obliegenheiten zur Pflicht macht. Auf Ihre gütige Anregung war mir schon das erste Heft der Flora subterranea im Juni zugedacht, verfehlte mich aber und erreicht mich erst jetzt, begleitet von trefflichen Exemplaren, welche zugleich die kostbaren Bilder bewähren und die Gewißheit dieser wundersam natürlichen Gegenstände uns vor Augen bringen.

Ein gleicher Fall ist es mit Ew. Hochwohlgeboren unschätzbarem Werke: denn wie man die Körper, von denen die Rede ist, nicht selbst vor Augen hat, so macht sich von ihrem Werthe nicht genugsamen Begriff. Die vom Himmel gefallenen Massen aber, wie Sie solche darstellen, geben uns ein unmittelbares Anschauen; und wie Sie das Factische der Ereignisse zugleich mit überliefern, so gelangen wir immer mehr [72] in den Sinn der Natur, die in der höchsten, mittlern und untern Atmosphäre, ja unter dem Boden und weiterhin in die felsigen Grundlagen ihr crystallisirendes Bildwesen treibt.

Eine ganz eigne Empfindung ist es, wenn ich nun gerade beide gemeldete Werke neben einander lege und in beiden unbegreifliche Naturproducte vor mir sehe. Vegetabilien, von denen nicht abzusehen ist, wie sie nahe dem funfzigsten Grade unserer Breite wachsen konnten; Mineralien, die aus heiterer Luft, wo man dergleichen nicht vermuthete, sich auf einmal concentrirend herunterstürzen. Das lassen wir denn alles gern geschehen, sobald der aufmerksame Beobachter uns dergleichen Erscheinungen im großen allgemeinen Zusammenhang vorlegen und anschaulich machen will, wodurch denn ganz allein der Geist gegen solche ungeheure Gegenstände in Freyheit gerathen kann.

In meiner kleinen Sammlung ist dieses Capitel das kleinste; ein Minimum von Ensisheim, Minima von dem bey Gera den 13. October 1819 gefallenen, ein schönes instructives Stück von Limerick in Irland, durch Gunst des Herrn Ritter Giesecke, deshalb ich denn Kupfer und Text Ihres unschätzbaren Werkes, als diese Lücke vollkommen ausfüllend, dankbar betrachte.

den 7. Jan. 1821.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Carl Franz Anton von Schreibers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8BB7-2