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An Christian Gottlob Voigt

[29. December.]

Ihre Briefe machen jedesmal Epoche in meinem stillen und von aller Welt abgeschiednen Leben, sie geben mir ein werthes Zeugniß Ihrer fortdauernden Freundschaft, und sehnlich erwartete Nachricht von dem Fortgang jener Geschäfte die mir immer interessant bleiben.

So sind denn die Wasser wieder gewältigt! Wie sehr beruhigt mich das einstweilen, biß mir, nach dem Versprechen, Ihr nächster Brief das Genauere erzählt. Die Erweiterung der Radstube war eine böse und gefährliche Arbeit, die ich mir kaum dencken kann.

Haben Sie doch auch die Güte mir von dem Zustand der Steuerkasse ein Wort zu sagen, wenn die dießjährige Rechnung abgelegt seyn wird.

Was Sie wegen der Personen erinnern, welche zu jenen Geschäften angezogen werden könnten, ist Ihrer Klugheit, Ihrer Kenntnis der Menschen und der Umstände gemäß. Suchen Sie die Sachen aufs Beste einzuleiten und bleiben meiner fernen und nahen Beystimmung immer gewiß. Ihre Liebe und aufrichtige Neigung zu mir, erleichtern mir den Gedancken, daß ich Sie solang in diesen Geschäften ganz allein laße,[317] wenn Sie auch schon den größten Theil davon, bey meiner Gegenwart getragen haben.

Ich habe noch keine Nachricht, daß Serenissimus zurück sind. Fast zweifle ich daß der Aufenthalt in Holland unsern Fürsten befriedigt haben werde. Ich höre er hat das Regiment noch nicht übernommen. Wie findet sich das Publikum in diesen Schritt?

Ich bedaure Ihren Bruder sehr, daß sich seine Ehstandsverhältniße so verschlimmert haben. Es ist dies ein Übel wo die Mittel meist so schlimm sind als das Übel selbst.

Andre Nachrichten aus Deutschland sind auch wenig erbaulich.

In dem weiten Rom lebe ich indessen sehr still und abgesondert, ich bin fleißig und würde mehr zu Stande bringen, wenn ich in manchen Sachen nicht wieder von vorne anzufangen hätte.

Die Betrachtung der Kunstwercke wird jetzt erst interessant. Vollkommne Wercke kann man nicht lang genug und nicht genau genug betrachten.

Wir haben jetzt den Sohn des berühmten Camper bey uns, ein junger Mann voll Talent und Feuer. Ingleichen ist Professor Zimmermann aus Braunschweig hier.

Unter den deutschen Landsleuten finden sich gar gute und liebenswürdige Menschen. Prof. Moritz ist ein sehr angenehmer Gesellschafter, er studirt fleißig[318] und wird, hoffe ich, dem Publiko sich immer mehr von einer vortheilhaften Seite zeigen.

Von Ihnen und den Ihrigen wünsche ich das Beste zu hören.

Leben Sie recht wohl und behalten mich in freundlichen Andencken.

Die Opern Theater sind ausgegangen und die Carnevals Lustbarkeiten haben ihren Anfang genommen. Mich rühren sie wenig und nur wenn in der letzten Woche die Narren unter meinem Fenster toben, werde ich mich stören laßen.

Leben Sie bestens wohl.

Hier das Titelkupfer zum fünften Band.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8BD4-F