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An Ludwig Wilhelm Cramer
[6. November 1816.]
Ew. Wohlgeb.
liebwerthen Brief nicht früher beantwortet zu haben, mache mir schon längst ein Gewissen. Möge ich dadurch bey Ihnen entschuldigt seyn, daß auch mir im Laufe dieses Jahrs so manches Unerfreuliche, Hindernde und Störende begegnet, wodurch ich auswärtigen Freunden brieflich zu erscheinen gehindert wurde.
Nun will ich wenigstens mit einigen Worten dieses Schweigen unterbrechen und versichern, daß mein aufrichtiger Antheil an Ihrem und der lieben Ihrigen Schicksal sich immer gleich bleibt.
Gerade jetzt in diesen traurigen Nebeltagen gehe ich die schönen Stufen durch, deren Reihe ich Ihnen schuldig bin, und da glänzt denn das crystallisirte Rothkupfererz von Kaisersteimel wie ein schönes Juwel. Das phosphorsaure Kupfer von Rhein-Breitenbach in vielen Musterstücken heißt mich auch Ihrer dankbar gedenken.
Mögen diese wenigen Worte nur Vorläufer seyn, um anzuzeigen daß ich Ihre Wünsche um Mittheilung verschiedener Bücher und anderer Nachrichten nächstens, wenigstens zum Theil, zu erfüllen hoffe.
[216] Geologisch glücklich halt ich Sie, daß Sie im Übergangsgebirg in der Nähe so bedeutender Bergwerke wohnen, da wir zufrieden seyn müssen auf unsern letzten Kalkhöhen ein wohlerhaltnes Ammonshorn zu finden.
Doch will ich nicht ganz ungerecht seyn, sondern vielmehr bekennen, daß unsere Tuffsteinlager, die jetzt wegen lebhafter Bauten stark angegriffen werden, uns die Reste von Elephanten, Rhinoceros, mächtigen Hirschen, niedlichen Pferden, zwar nicht häufig aber doch hinreichend zur Ausbeute geben. Das ist aber alles doch nur modern gegen die antiken Hystrolithen denen wir einmal so ämsig nachjagten.
Möge es eine Art von Geisberg in der Nähe von Dillenburg geben, den Sie mit Freunden so froh besuchen, als wir zu jener guten Zeit. Dergleichen giebts für mich in unsrer Gegend nicht und ich lebe nur in der Hoffnung am Rhein solche Wanderungen in Ihrer Gesellschaft zu wiederholen.
Grüßen Sie Herrn Pfarrer Achenbach zum schönsten und lassen die mir in der Ferne gewiesene Stufe Goethit mir nicht verloren seyn, die, ob sie gleich den Namen verloren hat, mir doch immer sehr werth seyn würde.
Was sagen Sie zu beyliegender Charte. Ich entferne gewöhnlich alle Weinhändler, aber dieser brachte einen so angenehmen Namen mit, daß ich ihm unmöglich unfreundlich begegnen konnte.
[217] Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und wenn ich manchmal zu verstummen scheine, so erinnern Sie mich nur mit wenigen Worten an vergangene gute Tage und vertrauen mir, was Sie in den neusten wünschen mögen.
Ihr in Wiesbaden zurückgelassenes Kabinett liegt mir immer im Sinne; warum geht doch kein Fluß oder Canal vom Rhein und Mayn nach Thüringen.
Übrigens hoff ich daß Sie bey Ihren hochwürdigen Consistorialgeschäften die Ehescheidung am wenigsten begünstigen werden.