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An Charlotte von Stein

d. 20. Sept. 85.

Die Fürstinn Gallizin ist hier mit Fürstenberg und Hemsterhuis die du also auch nicht sehn wirst. Es sind interessante Menschen und wunderbar sie mit einander zu sehen, du sollst das ausführliche mündlich hören du weisst ich schreibe nicht gern über Menschen.

Edelsheim ist auch hier und sein Umgang macht mir mehr Freude als iemals, ich kenne keinen klügeren Menschen. Er hat mir manches zur Charackteristick der Stände geholfen, worauf ich so ausgehe. Könnt ich nur ein Vierteljahr mit ihm seyn. Da er sieht wie ich die Sachen nehme; so ruckt er auch heraus, er ist höchst fein, ich habe aber nur wenig vor ihm zu verbergen und das soll er auch nicht vermuthen.

Das alles da der Prinz auch noch mit uns lebt giebt mir Zerstreuung daß ich stundenlang weniger fühle wie du mir fehlst. Doch wenn ich meine Augen nach einem Wesen kehre dem ich mich ganz offenbaren[97] mögte dann such ich vergebens etwas das dir ähnlich wäre.

Ich darf dir nicht sagen komme bald zurück, denn du lässt mich wenig hoffen. Fritzen werd ich dir aber nicht schicken um dich nicht in deinem Aussenbleiben zu bestärcken.

Hier ein Brief von ihm der abscheulich gesudelt ist, ich habe ihm darüber eine Lecktion zugedacht.

Wie freu ich mich, daß er die Welt so frühe schon so sieht.

Auf den Sonntag steigt also Blanchard. Wie bin ich auf Fritzens beschreibung neugierig, der gewiss auch davon schreiben wird als wenn es nichts wäre.

Hier auch einige Bücher die dir gewiß Freude machen.


d. 21. Sept.

Ich will das Packet schliesen weil heut dein Bote kommen kann. Mit der Gallizin und uns will es noch nicht fort. Ich weis nicht sie ist unter uns nicht am Platze. Mit den Männern geht es schon besser.

Lebe wohl. So viel weis ich man soll nicht zu sehr aus dem Costume der Welt und Zeit worinn man lebt schreiten und ein Weib soll ihre Weiblichkeit nicht ausziehen wollen.

Lebe wohl du süses Herz komme bald zurück damit mein Leben wieder anfange, und habe mich recht, recht zärtlich lieb.

G. [98]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8C52-B