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An Friedrich Schlegel

[Concept.]

[etwa 8. April]

Sie haben mich, mein Werthester, schon vor einiger Zeit eingeladen, an einem neuen Journale Theil zu nehmen, und nun erhalte ich das Januar- und März-Stück des Deutschen Museums, für deren Übersendung ich zum schönsten danke. Sie verzeihen mir aber gewiß, wenn ich mich wenigstens für den Anfang, nicht thätig erweise. Ich mag wohl gerne in der Zeit[326] leben, weiß es aber nicht recht anzugreifen, wenn ich mit ihr leben soll, daher finden Sie mich auch selten oder gar nicht in solchen Schriften auftreten, die der Gegenwart gewidmet sind. Lassen Sie mich indessen Ihre Hefte mit Aufmerksamkeit lesen, vielleicht wird irgend etwas dadurch bey mir aufgeregt. Sammlungen wie die Ihrige haben das Verdienst, daß sie manches zu Tage bringen, was sonst verborgen geblieben wäre, wie denn z.B. die Aufsätze Ihres Herrn Bruders, Adam Müllers, von Pfuels, viel Interesse für mich gehabt haben. Auch danke ich Ihnen, daß Sie Sich haben wollen der guten Natur, in deren Dienste wir Anderen nicht ohne Gott zu seyn glauben, freundlich annehmen. Ich kann den letzten Schritt unseres lieben Jacobi mir gar wohl aus seinem Character und seinen Gesinnungen erklären. die ich so lange kenne; allein es muß dieses Unternehmen einen jeden, der ihm wohl will, betrüben, weil es für ihn von den schlimmsten Folgen seyn kann.

Etwas über unser Theater zu sagen zu lassen, würde sehr schwer fallen. Wir gehen immer auf die alte Weise fort, die Sie aus vorigen Zeiten selbst kennen, wir sagen niemals voraus, was wir thun wollen, und dann merken wir auf, wie das Publicum dasjenige empfängt was wir geben: gelingt's, so gehen wir einen Schritt weiter. Für den standhaften Prinz war vieler Enthusiasmus rege geworden, nun sind wir mit einem anderen Stück des [327] Calderon, das Leben ein Traum, hervorgetreten, welches gleichfalls vielen Beyfall erhalten, ja sogar einen kleinen Streit erregt hat, welches von beyden Stücken das vorzüglichste sey? Romeo und Julie von Shakespeare habe ich concentrirt und alles, was nicht zur Haupthandlung gehört, entfernt. Auch dieses Stück hat eine gute Aufnahme gefunden.

Über die neueste bildende Kunst ließe sich vielleicht am ersten einiges mittheilen. Dresden liegt in unserer Nähe, wir sind nicht unbekannt mit dem, was dort geschieht, und dieses verdient wohl, daß man gutes davon sage. Sowohl auf diesem, als auch auf manchem anderen Wege, wünschte ich Ihnen nützlich seyn zu können, um so sehr als die R. R. Akademie der vereingten bildenden Künste mir die Ehre erzeigt hat, mich unter ihre Glieder aufzunehmen. Mögen Sie mich des Herrn Grafen von Metternich Excell. gelegentlich gehorsamst empfehlen.

Im May findet mich ein Brief von Ihnen wohl in Carlsbad.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Friedrich Schlegel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8C6B-6