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An Friedrich Wilhelm Schwabe

[Concept.]

Wer mit der Geschichte neuerer Mahlerkunst nur einigermaßen bekannt ist, hat von dem Abendmahl gehört, welches Leonardo da Vinci in dem Dominicaner- [249] Kloster zu Mailand zu Anfang des 16. Jahrhunderts gemahlt. Dieses Meisterwerk hatte das Unglück an einem feuchten Platze angebracht zu seyn, verdarb deshalb nach und nach und ward durch ungeschickte Restauration völlig überdeckt und verdorben. Der Werth dieses Bildes kam abermals zur Sprache, als der Vice-König von Italien im Jahre 1807 die Nachbildung desselben in Mosaik anordnete. Weil nun hiezu das Original nicht mehr Gelegenheit bot, sah man sich nach Copien um, deren älteste in einem Kloster zu Castellazzo sich befand, eine spätere hingegen auf der Ambrosianischen Bibliothek.

Ritter Bossi, ein vorzüglicher Künstler, ward beauftragt hienach Carton und Copie zu verfertigen. Beides ward ausgeführt und das Bild in Mosaik gesetzt, welches denn nun auch fertig geworden und nunmehr nach Wien transportirt wird.

Zu jener Arbeit, das verlorene Bild wiederherzustellen, mußte Ritter Bossi jene Copien genau studiren; er zeichnete die Köpfe von beiden, die Hände von der letzten durch, wonach er dann seine schwierige Arbeit einrichtete. Als Ihre Königl. Hoheit der Großherzog von S. Weimar im Jahre 1816 sich eine Zeit lang in Mailand aufhielte, wurden gedachte Durchzeichnungen Höchstdenenselben bekannt. Sie waren nach dem Tode Ritter Bossi's verkäuflich und als wichtige Documente der Mahlerkunst befinden sie sich gegenwärtig in Weimar.

[250] Hievon nahmen die Mailändischen Verehrer Ihro Königl. Hoheit die Veranlassung eine Medaille prägen zu lassen, die auf der einen Seite das fürstliche Bildniß, auf der andern die Bildnisse Leonard da Vinci's und Ritter Bossi's mir schicklichen Umschriften darstellt. Diese ist es, welche man hiedurch den Liebhabern der Kunst und den Verehrern des Fürsten darbietet. Wer sich übrigens von dem Bilde selbst und dessen Scicksalen, auch von den Copien, ihrem Werth und der Bedeutsamkeit der Durchzeichnung näher unterrichten möchte wird in

Goethes K. u. A. 1. Bandes 3. Heft

genugsame Nachricht finden.
Jena den 21. July 1818.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An Friedrich Wilhelm Schwabe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8CA2-8