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An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Wie der zahlreiche Maskenball in seiner Art glücklich abgelaufen, wird man dir umständlich geschrieben sowie die mancherley Gedichte die er dargebracht schuldigst gesendet haben. Das Maskenwesen rumort noch [45] immer fort, besonders da zum Geburtstag der Frau Erbgroßherzogin wiederholt und erneuert werden soll, was nur geht und kann.

Bildhauer Kaufmann ist nach Berlin und da hab ich einige antike Gypsabgüsse indessen zu mir genommen und bespreche mich fleißig mit diesen würdigen Büsten, wenn die Gesellschaft mich verläßt, die doch meist zu Tische und nachher zusammentrifft. Bey diesem Freundesverein ist viel von dir die Rede; dein letzter Brief spielt besonders eine große Rolle und deine Theater-Anschauungen und Anfühlungen finden gebührenden Beyfall. Soret sah von weitem als der Canzler las auf der Rückseite seinen Namen und war sehr geschmeichelt die Ehre des rosigen Kranzes zu vernehmen. Indessen wird noch gar manches Gute dir begegnet seyn, wovon wir gleiche Nachricht hoffen.

Regierungsrath Schmidt trifft dich wohl mehrmals, ich hoffe er wird sich dort gefallen und selbst Beyfall finden; indessen vertrau ich dir daß, in Gefolg der Theaterhändel die noch bitter fortwirken, seine Oper zum nächsten Geburtstag nicht aufgeführt wird, woraus denn wohl neuer Mißwille sich hervorthun mag.

Ein französisches Stück soll auch wieder aufgeführt werden, deshalb denn schon einige Dutzend verlesen und verworfen worden. Adele rührt sich dabey als Hauptperson, Ulrike ließ sich wohl manches gefallen, [46] nur gab es neulich große Contestationen daß Sie ein Kind vorstellen sollte, wofür zu gelten sie ein für allemal nicht Lust hatte.

Mit den Kindern leb ich in großer Einigkeit und wir bringen manchen Abend gar artig einander zu.

Sonst geht es nach alter Weise des Morgens fleißig fort, Meyer, Riemer, Eckermann, sind alle thätig und behülflich und so kommt man wenigstens vom Fleck wenn man auch das Ende nicht absieht, welches denn auch dem Willen der Götter gemäß ist.

Vorzüglich hab ich diese Wochen die Chronik meines Lebens von 1802 ziemlich im Einzelnen durchgearbeitet, zum Versuch wie es mit den übrigen allenfalls unternommen und geleistet werden könnte. Es ist gerade dieses Jahr sehr mannichfaltig und bewegt; Schillers Briefe geben gar manche Andeutung, Erklärung, Hinweisung dazu, wodurch die Arbeit für mich sehr unterhaltend wird, vielleicht auch für andere.

Soviel für dießmal damit die heutige Post nicht versäumt werde. Die schönsten Grüße richtest du aus, zuerst an die Hausfreunde und sodann an diejenigen die meiner gedenken mögen. Alles Gute zum Abschluß des Aufenthalts und zur Wiederkehr.

Weimar den 11. Februar 1824.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An Ottilie von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8D44-3