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An David Friedländer

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey die Sendung von einem Dutzend Münzen, deren keine ohne Bedeutung ist. Es sind die vorzüglichsten von meinen Doubletten, ja einige [249] nicht einmal Doubletten, weil auf dem Exemplar, das ich zurückhalte, Abänderungen Statt gefunden. Hiezu einige Nachricht.

Von Martin V. an bis auf Pius II. besitze ich zwar die meisten Medaillen, welche Benuti angiebt, allein ich halte sie nicht für ächt; sie mögen vielmehr spätere Nachbildung seyn, wenn sie anders, wie ich zweifle, jemals Originale gehabt haben.

1) Von Pius II. lege ich einen sehr schönen Originalguß der größern Medaille bey, die wegen des Pelicans, der seine Jungen mit dem eignen Blute nährt, berühmt ist.

2) Folgt eine Medaille von Paul II. Sie ist sehr großem Sinn und Styl gearbeitet; wie denn Überhaupt dieser Pabst es nicht an Mühe und Sorgfalt fehlen lassen. Man kann glauben, daß sie von Belano gearbeitet ist.

3) Pius III., wahrscheinlich erst später zu irgend einer Suite der Päbste gearbeitet; ich besitze aber selbst keine bessere, habe auch nie eine andre gesehn.

4) Clemens VII., von Cellini. Er gedenkt derselben mit Künstlerstolz in seiner Lebensbeschreibung und sie drückt ganz der Charakter seiner Zeit und seiner Werke aus. Sie ist verguldet und ob sie gleich dadurch etwas an ihrer Schärfe verloren, so giebt sie doch noch genugsam das Verdienst des Künstlers zu erkennen.

[250] 5) Julius II., eine Nachbildung aus späterer Zeit aber vortrefflich. Sie drückt den Charakter des Originals, das ich besitze und welches um ein Drittheil kleiner ist, vollkommen aus, so daß ich mir nur, um meinen werthen Kunstfreunden einigermaßen genug zu thun, von diesem Exemplar mit einigem Widerstreben trenne.

6) Augustinus Mazantus von Verona, ein höchst naives Bildchen, voll Geschmack und Anmuth, obgleich der etwas stumpfe Guß den Werth des Kunstwerks einigermaßen verschleyert. Maffei in seiner Verona Illustrata giebt einen Umriß davon, weiß aber von dem Manne selbst nicht zu sagen, welches um so wunderbarer ist, als der Triumph auf der Rückseite und die Umschrift »Omnibus his solus« auf eine merkwürdige Person hindeutet. Außer dem Kunstwerth ist mir diese Medaille immer schätzbar gewesen, weil sie die einzige ist, die ich von allen denen, welche Maffei darstellt und beschreibt, habe erhalten können.

7) Julianus Medicis. Eins der herrlichsten Werke, welche die neuere Kunst aufzuweisen hat. Es erhält doppelten Werth weil es uns einen so bedeutendem Mann vergegenwärtigt.

8) Ludwig Ariost, ein köstliches Bild eines unschätzbaren Mannes. Die Rückseite ist durch einen Doppelschlag, weil der Stempel rückte, etwas unscheinbar geworden. Sie stellt einen Bienenkasten vor [251] unter den man Feuer angemacht hat, um sich des Honigs zu bemächtigen. Die Unterschrift Pro bono malum deutet auf das Schicksal Ariosts, mit dem er freylich nicht Ursache hatte ganz zufrieden zu seyn.

9) Hieronymus Fuchs, Domherr zu Bamberg und Würzburg, seines Alters 52 Jahr 1533. Auf der Kehrseite ist sein Wappen abgebildet.

Ich sende von dieser Medaille, welche man als eins der trefflichsten Werke deutlicher Kunst ansehen kann, einen Schwefelguß: denn Abdrücke von vorzüglichen Werken verdienen wohl als Vorläufer künstig einkommender Originale in Sammlungen verwahrt zu werden.

10) Galeazius Caracciolus, ein nicht ganz geglückter späterer Abguß. Der Mann ist bedeutend, weil er, aus einer angesehenen Familie, von der Reformation ergriffen, zu den Protestanten übergegangen ist. Der Physiognomist könnte merkwürdig finden, daß dieser Mann, der um der Religion willen seine äußere Existenz aufgegeben, dem unglücklichen Churfürst von Sachsen, Johann Friedrich, etwas ähnlich sieht.

11. Bourbon Condé (Heinrich II.) in Silber. Die Medaille ist 1632 geprägt, zur Zeit, wo dieser Fürst sich von Hofe entfernt hatte. Sie hat etwas Eignes in der Behandlung und es sieht eher aus, als wenn sie in Wachs bossirt und gegossen wäre. Von dem Künstler Papillon wüßte ich nicht sogleich [252] Nachricht zu geben, vielleicht ist es der Ahnherr jener Formschneider, die sich später beliebt und berühmt gemacht haben.

12) Wieland, eine kleine Medaille, welche die hiesige Freymäurerloge zur Ehren seines 80sten Geburtstages prägen lassen.

Mehr sage ich nicht, da ich zu Kennern dieses Fachs rede. Ich wünsche durch diese Sendung Ihnen soviel Vergnügen und Unterhaltung zu verschaffen, als die Ihrige meinem Kreise gewährt hat: denn gerade das Problematische jener Herme hat zu manchen Discussionen Anlaß gegeben und ich melde mit Vergnügen, daß eine nähere Untersuchung dem Werke nichts geschadet hat.

Ob ich beygebogenen Kupferstich schon früher gesendet, erinnere ich mich kaum; doch ist auch eine Wiederholung angenehm. Hofrath Meyer rückt mit seiner Bearbeitung immer vor, leider aber ist die jetzige Zeit keineswegs der Herausgabe solcher Schriften günstig.

Lassen Sie uns Ihnen geneigten Andenken empfohlen seyn! Sollte ich irgend etwas anzubieten haben, wovon ich glauben könnte, daß Ihnen Freude machte, so werde ich nicht verfehlen, es zu thun. Ich erbitte mir von Ihnen eines Gleiches.

Weimar den 15. Januar 1813.

ergebenstGoethe. [253]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An David Friedländer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8D5B-2