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An Charlotte von Stein

Den einzigen Lotte welchen du lieben kanst
Foderst du ganz für dich und mit Recht.
Auch ist er einzig dein. Denn seit ich von dir binn
Scheint mir des schnellsten Lebens lärmende Bewegung
Nur ein leichter Flor durch den ich deine Gestalt
Immerfort wie in Wolcken erblicke,
Sie leuchtet mir freundlich und treu
Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen
Ewige Sterne Schimmern.

[Gotha] d. 9. Oktbr. 81.

Grimm ist heute Nacht fort und ich bleibe aus vielen Ursachen hier.

Es geht mir wohl, und ich lerne endlich der Welt gebrauchen. Die Bekanntschafft mit dem Freunde hat mir die Vortheile gebracht die ich voraussah, es ist keiner ausgeblieben, und es ist mir viel werth auch ihn zu kennen und ihn richtig und billig zu beurtheilen.

Meine ehmalige Geschichten hier sind mir so lebhafft mit ihren Effeckten denn es sind dieselben Men schen derselbe Ort und die gleichen Verhältnisse. O Lotte was für Häute muß man abstreifen, wie wohl ist mirs daß sie nach und nach weiter werden, doch fühl ich daß ich noch in manchen stecke.

[201] Die Zeichnung des Herzogs machen mich glücklich, ich werde dir viel davon erzählen. Nach seinem Raphael hab ich gezeichnet und bring es mit, solch ein Blätgen zu besitzen wäre ein groser Wunsch. Nun versteh ich erst was nach ihm gestochen ist, nur der immediate Geist kan mich aufwecken. Zwischen allem durch denck ich an dich und an die Freude dich wiederzusehen. Manchmal wenn ich Abends die einsamen Treppen heraufgehe denck ich dich lebhafft als ob du mir entgegen kämst. Ich bin ganz dein und habe ein neu Leben und ein neu betragen gegen die Menschen seit ich weis daß du davon überzeugt bist. Adieu beste liebste. Grüse die deinigen.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1781. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8D9E-C