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An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

[12. Januar.]

Die mir anvertraute kostbare Sammlung geschnittner Steine steht bey mir schon mehrere Monate reisefertig, denn da ich vergangenen Sommer hoffte nach Italien zu gehen, so hatte ich unter andern Anordnungen auch diese vorzüglich nicht vergessen. Da sich aber meine Reise verschob, so verschob ich auch [7] Sie, wertheste Freundin, über die weitere Bestimmung dieser Kunstwerke zu fragen; wie man sich denn so ungern von etwas trennt, das man so werth hält.

Nun veranlaßt mich Herr Overberg in Ihrem Nahmen die Sammlung zurückzuschicken, und sie soll sogleich abgehen sobald er mir Ihre Entschließung meldet, über einen Punct, wegen dessen ich in meinem Briefe an ihn anfrage.

Möchte ich doch, indem ich Ihnen diesen Schatz zurücksende, recht deutlich machen können, welche Wohlthat Sie mir durch Ihr Vertrauen erzeigt haben. Sie haben mir und einem werthen Freunde, der jetzt wieder nach Italien gegangen ist, Gelegenheit gegeben einen Theil der alten Kunst näher kennen zu lernen, der so schwer zu beurtheilen ist. Wir konnten diese vortrefflichen Werke wiederholt betrachten, uns an ihnen bilden und jede Art von vorgefaßter Meynung, durch eine anhaltende Prüfung, berichtigen. Eine solche Übung der Sinne und des Geistes, wodurch wir das Vortreffliche kennen und dasselbe von dem Mindern unterscheiden lernen, ist mehr werth als der eigenthümliche Besitz, denn wir werden durch jene Bildung zur Theilnahme an altem Guten fähig und geschickt. Möchten doch diejenigen, denen große Summen Geldes zur freyen Anwendung gegeben sind, eben so sehen und denken wie ich, und Sie, meine würdige Freundin, durch einen Tausch bald in den Fall setzen sich in Wohlthaten zu erfreuen, eine Lust, die Ihrer [8] allein werth bleibt, nachdem Sie vor so manchen andern Freuden vorüber gegangen sind.

Erhalten Sie mir Ihr Andenken und Ihr Wohlwollen, das ich vielleicht um so mehr verdiene als ich auf einem Wege wandle, auf dem man wenig Begleiter findet.

Möchten doch Ihre körperliche Leiden erträglich seyn und Sie noch lange Sich und den Ihrigen erhalten werden. Sie erlauben mir daß ich bey Übersendung der Steine noch ein Wort hinzufüge.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8DF9-B